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[OBF-410305-001-01]
Briefkorpus

Mittwoch, den 5. März 1941.

Mein liebes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]! Du!!

Was Du mir gestern Liebes sagtest, ist schon wieder bei mir – Du! Ich danke Dir von Herzen, Geliebte – so schnell gelangt es in meine Hände, Du! – wir sind gar nicht so weit entfernt voneinander – andere sind viel weiter weg von zu Hause! Und mit den Herzen sind wir uns doch ganz nahe! Du!! Näher geht es doch gar nimmer! Eines hat im anderen glückvolle Ergänzung gefunden – unsre Herzen haben wir getauscht, unsre Wesen sind ineinander verschlungen – wir können nicht mehr voneinander, wir können unsres Lebens nur mehr recht froh werden Seit an Seite. Und solange wir noch beide auf dieser Erde leben, wird eines nach dem andern verlangen, heimverlangen [sic] und suchen, bis wir einander wiedergefunden haben. Meine liebe [Hilde]!! Und nun durften wir diese innige Liebe krönen, Du! Du!! Ich durfte Dich erlösen! Mann und Weib!! O Herzlieb, Herzlieb!! Darum kreiste zuletzt all mein Sehnen, mein Wünschen, all meine Kraft: Dich ganz an mich zu binden auch damit – liebes Weib!! Darfst nun mit Deiner ganzen Sehnsucht zu mir kommen – kannst Dich ganz mir ergeben! Weißt nun, daß ich Dir den Garten aller Liebesseligkeit aufschließen kann. Herzlieb! Wie so soo sehr froh mich das gemacht hat – wie glücklich, Du! Du!!! In Deinen Augen höchstes Entzücken lesen – nun darf ich es, Du!!! Nun sich Dein lieber Schoß sich mir ganz erschließt, nun habe ich letzte Gewißheit, daß Du ganz mein bist, daß wir einander ganz erfüllen können!!

Herzlieb! So inbrünstig war mein Wunsch – so traurig wäre ich gewesen, wenn er sich nicht erfüllt hätte.

Du! Du!! Nun haben wir den Kreis aller Liebesseligkeit umschritten – nun erlebten wir auch den glücklichsten Augenblick, um den das Sinnen aller Menschen kreist, gut und böse. Wir erlebten ihn nicht im Rausch, im Taumel, wir erlebten ihn ohne Schuldbewußtsein, ohne Reue – mit wachen Sinnen, im Hochgefühl unsrer Liebe, unsres Glückes, mit dem inbrünstigen Willen einander zu beschenken, zu beglücken. Und darum sind sie uns so köstlich diese Stunden, Du!!!!! Wir wollten nicht genießen – ich wollte Dich nicht berauben – Du wolltest mich nicht verführen, sondern wir wollten unsre Liebe krönen, einander ganz erfüllen, unsre Liebe auf die letzte Probe stellen und all das in dem Gedanken an die letzte Krönung, unser Kindlein, Du!! Und darum blieb uns nicht Kälte, Abkühlung und Leere, sondern höchstes Glü[ck] des Erfülltseins. Darum blieb nicht der schlechte Nachgeschmack des Genusses. Der Räuber, dessen Raubgier befriedigt wurde, wendet sich von dannen anderen Gelegenheiten zu. Die Dirne gelüstet es, eines anderen, neuen, Herrschaft zu erlangen.

Herzlieb! Da wir nun den Bezirk unsrer Liebe ganz erkannten, nun ist es uns nicht langweilig, sind wir seiner nicht überdrüssig, ist es uns nicht gleichgültig und weniger wertvoll – Du! Du!!! Nun ist es uns erst recht lieb und köstlich und unverlierbar, strahlender ist unser Glück seitdem, Du fühlst es auch! Nun gehören wir einander ganz! Nun hüten wir es nur fester und lieber und treuer, unser großes, köstliches Glück. Gott wolle es segnen! Herzlieb! Ich, Dein Mannerli, will ihm ein treuer, ganz treuer Hüter sein! Mein Glück, all mein Glück, das bist ja Du!! Herzlieb!!! Meine liebe, liebste [Hilde]!!!!! Das Glück des Einsseins hat uns ja beide so in seinen Bann geschlagen – alles andre verblaßte daneben – und alle Gedanken und Worte schienen vor ihm ihren Glanz zu verlieren. Wir wurden seiner in so reichem Maße teilhaft!

Herzlieb! Dein Mannerli ist nun so froh! Und Du bist es auch, ich weiß es! Du!! Und dieses frohe Bewußtsein ist mit mir immerzu wie das Ringlein am Finger. Wir werden die Tage nie vergessen, da letzte Hand an unsre Ringlein gelegt wurde. Du!! [H. L.] steht in dem meinen. Kann doch gar nicht meines sein! Nein, nein, hier irrst Du, mein lieber Hubo: Das Ringlein soll nicht sagen, wie Du heißt, es soll vielmehr davon zeugen, wem Du gehörst! Du, Herzlieb! Ich bin meines Ringleins so froh, so von Herzen froh, und mit den beiden Buchstaben drin noch viel gewisser!!!

Meine liebe [Hilde]! Es ist schon wieder spät geworden. Sie haben wieder ein Fest vor am Sonntag: Frühlingsfest. Siehst Du, die anderen wollen sich eben betäuben. Vielleicht bin ich auch ungerecht mit meinem Urteil: sind doch alle jüngere, unverheiratete Leute. Na, jedenfalls soll auch gesungen werden. Und der neue Gesangverein, er war schon gegründet und gekrönt, (Lehrer R.) als ich zurückkam, soll (verfrüht) die ersten Proben seiner Wirksamkeit ablegen. R. hat Geschick, aber er hat das ganze noch nicht an allen vier Zipfeln – und ich möchte manchmal gleich dazwischenfahren. Ich werde Dir von dem Verlauf des Festes berichten. Morgen sollen wir 2 Filme gezeigt bekommen. Ich werde mir nur einen ansehen.

Mein liebes, teures Herz! Gott behüte Dich!

Wenn Dich dieser Bote erreicht, wirst Du wieder krank sein nach dem Kalender. Ach Herzlieb! Mir ist so viel leichter diesmal darum. Zum einen ist es eben eine Gewißheit, daß uns auch dieser Herzenswunsch recht erfüllt wird, zum anderen das Frohsein darüber, daß wir uns so heiß und innig liebhatten, Aug in Auge!

Gott schenke Dir recht bald wieder volle Gesundheit.

Herzlieb! Nun will sich Dein Hubo niederlegen. Ganz froh und glücklich darum, daß Du mein bist! Und unseren Herrgott will ich bitten, daß er uns bald zusammenführen möge zu gemeinsamer Lebensfahrt.

Gut Nacht! Herzlieb! Ich bin ganz Dein!

Ich herze Dich! Ich küsse Dich! Ich liebe Dich herzinniglich!

Dein [Roland].

Bitte grüße die lieben Eltern!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946