
[410301–1‑2]
Sonnabend, den 1. März 1941
Mein liebes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]!
Bin doch ein richtiger Meister. Das erste, was ich hier beginne, ist, daß ich wieder schreibe. Mal sehen, ob ich es noch kann. Alles schläft noch. 7 Uhr ist es, da ich mich hereinstehle in die Barackenwelt. Alles schläft – oben in den Bunkern. Alarm ist gewesen (in Kiel nicht), nun wird erst um 8 Uhr geweckt – dazu sind wir Wachbatterie. Aber etliche Kameraden schlafen doch unten, und die möchte [ic]h nicht stören, und so habe ich mich in die Schreibstube geschlichen, um gleich ein Stündchen mit Dir zu plaudern. Noch steckt Dein Hubo in der Urlaubshaut. In einer Stunde wird sie unbarmherzig zerrissen. Aber ich bin Gottlob [sic] glücklich am Ziel – nicht am Ziel meiner Wahl, Herzlieb, Du weißt es, das liegt ganz wo anders [sic]! Also, Du warst ja Zeuge meiner Abfahrt, knüppeldick fuhr der Zug los, in Halle kamen noch mehr dazu – und bis Magdeburg gab es nur Stehplatz wie etwa um die Zeit vor einem Jahre zwischen Dresden und C. Aber in Magdeburg habe ich dann einen Sitzplatz erwischt, den ich bis Ludwigslust behauptet habe – und auch bis Kiel habe ich fein gesessen. Ach, und von Magdeburg an, da habe ich dann oft an die die [sic] Uhr sehen müssen, und habe mein Herzlieb gesehen – und habe es gespürt, wie es so Schritt um Schritt nach Hause gelangte – 1750 – 1912 – 1930 – 1947 – Du! Du!! Geliebte!! Allein – allein!! Ich mußte noch einmal ganz traurig sein!! Dann überkam auch mich die Müdigkeit, nachdem ich von dem Mundvorrat etliches verspeist hatte. Onkel A. habe ich nicht wiedergesehen – der Zug war auch zu stark besetzt. Bis Kiel bekam er 40 Minuten Verspätung. Nach Mitternacht lief der Zug in den Hauptbahnhof ein. Nun bin ich zur Übernachtungsstelle gegangen. Über 100 Menschen begehrten ein Nachtlager. Erst gab es noch eine kräftige Suppe und Himbeerwasser für den Durst, dann bekamen wir eine Koje angewiesen in einem großen Schlafsaal. Die ½ 5 Uhr geweckt wurden, lagen in einer besonderen Ecke. Und so habe ich knappe 4 Stunden geschlafen, muß eben noch viel nachholen. 507 [Uhr] fuhr der Zug nach Eckernförde. Ich hatte gleich Anschluß an den Barkelsby – Expreß. Überall sind noch Schneefetzen, und die Wege sind grundlos. Na, ich bin in meiner gewohnten Umgebung – und das ist zunächst ein wenig schmerzlich und tröstlich zugleich. Ach, Herzlieb! Du kannst mich ja nicht mißverstehen – ich fand keine Worte in der letzten Stunde – u.[nd] mußte die Traurigkeit niederkämpfen. Wir haben sie so lange wie möglich aus unserem Urlaub verdrängt, aber sie kam eben doch. Herzlieb! Sei nicht mehr traurig! Ich will es auch nicht sein! Wir wollen Gott vertrauen – wir wollen ihn bitten, daß er unser großes Glück hüten hilft – und wollen nun beide wie bisher in unseren Herzen weiter daran bauen, und wollen es hüten! Geliebte!! Wollen es hüten!!! Ich wüßte jetzt gar nicht, wo noch daran zu bauen wäre – so so [sic] groß – war es, so reich!! Du!! Du!!

Herzlieb! Neben mir wartet schon das Telefon. Sobald geweckt wird, will ich es betätigen, eher nicht, damit ich niemanden störe.
Du! Herzlieb!! ich bin noch ganz bei Dir! Spüre Deine lieben Wangen, Deine lieben Hände. Ich kann jetzt weiter nichts sagen als: Sei bedankt! Sei tief bedankt!! Dein bin ich! Dein bleibe ich! Dir gehöre ich! Um Deine Liebe will ich dienen immer aufs neue[sic]!! Du!! Dein [Roland] ist so glücklich!!
Behüte Dich Gott!!! Meine liebe, liebe [Hilde]!
Sage den Eltern von meiner Heimkehr! Sage ihnen vielen, vielen Dank und herzliche Grüße!
Du! Herzlieb!! Ich bin Dich [wohl: Dein] [Roland]!! Du! ich küsse Dich ganz lieb und drücke Deine Hand ganz fest. Meine [Hilde]!!!!!!