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[OBF-410202-002-01]
Briefkorpus

Sonntag, am 2. Februar 1941.

Herzallerliebster!! Mein [Roland]!! Mein lieber, liebster [Roland]!! Du!!!

Ein Sonnensonntag ist heute wieder, ein winterlicher! Heute nacht hat's geschneit, aber nur 1-2 Zentimeter. Kalt ist es weniger heute, und das begrüßen wir alle froh. Du!! Gestern bekamen wir vom Bürgermeister die Genehmigung unsrer Zusatzpunkte für Feuerung, sie betragen insgesamt 6 Ztr. Ist wenigstens wieder etwas, nicht wahr? Ach Du!! Wenn Du kommst habe ich keine Angst, daß wir frieren müssen. Heute früh war ich in der Pfarre, es war ganz schön. Sie war ziemlich gut besetzt. Als ich heimkam, hatten die lieben Eltern geschrieben aus Kamenz. Du!! Du!! Was denkst Du denn, was Mutter schrieb?: „Die beiden Jungen – unser Besuch, werden im „Himmelblauen" schlafen, da können sie erzählen, so lange sie mögen, ungestört!" Du!!! Du!!!!!!! Nun soll unser geheimer Wunsch Erfüllung werden! Herzlieb!! Herzlieb!! Wie gut sie es alle mit uns meinen, Du!! Du? Ich werd mich wohl ein bissel schämen, wenn wir unser Bettlein angewiesen bekommen bei Euch zu Haus! Aber Du bist ja bei mir! Herzlieb!! Du!! Du!!!!! Geliebter!! Du fragst mich in Deinem lieben Boten vom Donnerstag wo wir werden bei uns Mittagsruhe halten! Du!! Hast schon Recht, am schönsten wär es im warmen Stübel aber da ist ja das Sofa zu schmal! Du!!

Und den Diwan rüberholen aus meinem Kämmerle, können wir nicht gut, ist ja ein Bett daraus gemacht, wenn Du da bist! Und Du?! Wenn er auch leer stünde – ich würde mich schämen vor den Eltern, diesen Wunsch zu äußern! Du!! Verstehst Du mich? Herzlieb?! Sie sollen doch nicht wissen wie so sehr lieb wir uns haben, daß wir sogar beim Mittagsschläfchen nebeneinander gekuschelt sein wollen – das darf nur unser Geheimnis sein!! Du!! Du!! Weißt, wenn es uns auf dem Küchensofa zu schmal und zu eng zugeht – da kriechen wir einfach wieder in's Bettlein zurück, Du!!! Ja?!! Das machen wir dann schnell wieder fein glatt – und niemand denkt, daß wir geschlafen haben mittags! Und gar, daß wir uns lieb' hatten!!

Zu schade wäre das Sofa nicht in die Küche [sic] – fortbringen würden wirs auch, Du!! Ich wüßte bloß nicht, was für eine Begründung ich hätte, den Eltern gegenüber. Bei uns zu Hause, später – da wollen wir schon dafür sorgen, daß ein breites Sofa im richtigen Stübchen steht! Du!! Du!! Da dürfen wir's uns ja ganz, ganz nur nach unseren Wünschen einrichten! Herzlieb!!!

Gebe Gott, daß uns dieses schöne, gemeinsame Leben [ni]cht mehr ferne ist! Du!! Wir sehnen uns beide ja so darnach! Du!! Du!! ½ 4 Uhr – das Wunschkonzert beginnt! Hörst auch Du?! Mein Hubo?! Die Mutsch hat die Nähmaschine herein geholt, sie bessert Vaters Hemden aus. Der hält Mittagsruhe im Bett! Und Mutsch hat für Dich auch paar Hemdeln bereit gelegt, die Du hier bei uns anziehen kannst, damit Du Deine alle schön sauber wieder mitnehmen kannst. Wenn Du wieder fortfahren mußt, gibts bei uns große Wäsche!

Es ist doch schön, wenn wir alle beide hören, was für Euch lieben Soldaten gespielt wird. Ich freue mich doch sehr, daß wir nun Radio haben. Du!! Du!!! Nur noch einmal Wunschkonzert allein! Und dann? Dickerle?!! Du!! Du!!! Dann bist Du dabei!! Bist Du bei mir!!! 1 lange Woche noch, Du! Eine lange Woche ist jetzt bei mir gemeint: eine reichliche Woche! Du!!

Dann bist Du bei mir! Herzallerliebster!! Du!! Den ich sooooo lieb habe! Nach dem ich mich sooo sehne! Du!! Der mein ganzes Leben ausfüllt! Geliebter!! Du!! Ich habe es so beglückt in mich aufgenommen, Du sagst mir, daß ich Dir Heimat bin geworden – Hort Deiner Liebe – reiche Erfüllung! Herzlieb!! Was kann einem liebenden Weibe mehr bedeuten, als diese Worte, von einem geliebten Manne? Du!!!!! Wie ich Dir alles bedeute[,] Geliebter, so bedeutest Du mir auch alles, alles!!! Du!!!

Treu sein wollen wir uns! Treu bis zum letzten Atemzug, Herzlieb! Es soll uns nie schwer werden! Wir haben uns bewiesen, daß nichts, nichts uns je auseinanderreißen kann! Niemals kann uns eine Macht der Erde trennen! Daß ich Dir mit meiner treuen Liebe so viel sein konnte in dieser Zeit, Geliebter! Es macht mich so froh und stark! Weil ich beglückend fühle darum: ich bin Dein Weib! Ich bin Dein liebster Kamerad!

Einen höheren Sinn kann ich mir nicht wünschen, der mein Leben ausfüllen könnte. Du!! Als für Dich zu leben – ja – für Dich zu sterben – ich kann alles für Dich! Geliebter! Alles kann ich tun! Du!! Geliebter!! Ich falte dankbar die Hände mit Dir, daß Gott uns weiter seine Gnadensonne scheinen lassen möge über unser[e]m tiefen, reichen Lebensglück! Du!!

Ach Du! So häßliche Dinge erzählst Du mir von Deinen Kameraden. Was soll man auf solche Frage antworten, wie sie Kl. [sic] an Dich stellte, was auf solche gemeine, niedrige Rede antworten? Seine dreiste Art kennzeichnet so recht die jungen Menschen unsrer Zeit. Und Du fragst Dich nur zu recht fast verzweifelt: wo ist hier das Gesetz, das Recht und Unrecht umreißt? Wo ist der Schutz[,] der dem Guten zuteil wird? Es ist viel Not unter der Menschheit. Aber die breite Masse ermißt und erkennt diese Not garnicht, weil sie selbst schon so tief in diesen schlimmen, bösen Sumpf geraten ist. Was Du mir sagst über die Gefahr dieser bösen, verwirrten Welt, ich kann es ganz verstehen und begreifen, Herzlieb. Wir, von der Stufe unsres hohen Glückes sehen wir herab, herunter auf sie, die in einer schaurigen Dunkelheit leben. Man könnte tiefes Mitleid haben mit den Menschen, [d]ie keine Ahnung haben vom hohen Glück reiner Liebe – ihnen blieb der Reichtum des Lebens zu Zweien fremd. Geliebter!! Daß wir uns fanden!! Daß Du und ich eins sind!! Immerzu – immer wieder stehen wir ergriffen vor dem wundersamen, großen Glück und unsres trauten Einsseins. Wer von uns könnte jemals dieses Glück verraten?!! Du!! Das Herze müßten wir uns herausreißen! Du!!!!!!!!!!!! Ich kann nie, nie mehr von dir lassen, Geliebter!

Ich liebe Dich so treu und innig wie nur ein Weib lieben kann! Du!! Gott schütze Dich! Herzlieb! Morgen auf Wiederhören! Ich freu mich auf Deinen lieben Boten!

Deine [Hilde]!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946