Donnerstag, am 30. Januar 1941.
Herzallerliebster!! Mein lieber, lieber [Roland]!! Geliebter Du!!
Gestern nachmittag noch erreichte mich Dein lieber Bote vom Montag und ich danke Dir recht herzlich dafür. Alle Deine lieben Gedanken, die Du darin aufgreifst, Du!! Ich will sie Dir in einer ruhigeren Stunde erwidern. So viel Konzentration ist mir heute nicht möglich, Du! Und ich will Dir erklären, warum, Herzlieb.
Erstens ist jetzt die Stunde, da der Führer spricht, ich möchte ihn gerne hören, die Eltern auch und darum geht das „Kastel“ [sic: Radiovolksempfänger]. Du sitzt gewiß auch vor[’]m Lautsprecher jetzt! Vielleicht habt Ihr heute nachmittag sogar dienstfrei?! Du wirst mirs’ [sic] berichten. Gröfaz !!! [siehe Abbildung]
Es ist ¼ 7 Uhr – die Rede ist vorbei, die Lieder der Nation erklingen – Du!! Mein [Roland]! Er hat mich mit fortgerissen mit seiner Siegeszuversicht! Unser Führer. Du!! Er ist ein großes Glück für unser Volk – für uns, daß uns dieser Mann gehört, daß in seine Hände das Geschick des deutschen Volkes gelegt wurde – er ist das sichtbare Werkzeug einer höheren Macht. Niemand kann es verkennen. Herzlieb! In welch großer Zeit leben wir! In welch großer Zeit! Sorgenvoll und schwer bedrückt sie manchmal unser Herz – gewiß – aber Du! Wenn nur erst dieser Krieg beendet ist – wenn nur erst der Sieg unser ist, dann wird und muß auch eine Wandlung in den anderen Dingen eintreten, die uns innerlich noch bewegen. Es muß eines nach dem anderen sich klären. Und dieser Krieg, diese Feindschaft, in der wir zur Zeit mit England leben, ist wohl äußerlich gesehen das notwendigste Übel, das beseitigt werden muß. Und ich denke, ein Volk, daß in Frieden lebt, ist auch dann eher zugängig für dieses and[e]re große Geschehen, das auch die Menschheit heimsuchen muß, wie dieser Krieg.
Gott wird mit uns sein – ich glaube fest daran – wie im Kleinen, bei uns beiden, bei Dir und mir – so wird er auch im Großen mit uns sein, mit unser[e]m Volke. Herzlieb!! Du! Wir wollen beide ganz tapfer in die Zukunft schauen! Wir müssen es, Herzlieb! Es macht uns das Warten aufeinander leichter! Du!! Und nun will ich Dir von mir, von uns[,] weitererzählen: gestern abend, nach dem Abendbrot[,] saß Mutter am Tisch und schrieb an Dich. Ich hatte es mir ein bissel [sic: bisschen] bequem gemacht, mich hin aufs’ [sic] Sofa gestreckt[,] unter die warme Decke mit Deinem lieben Montagsbrief, ich las ihn einige Male durch und machte mir meine Gedanken dazu – und da bin ich eingeschlafen – vielleicht, weil ich am Tage zuvor erst so spät schlafen ging, als Hilde K. da war. Ich wachte dann wieder auf, Mutter war bald fertig mit ihrem Briefe. Und da bekam ich Appetit auf etwas Süßes! Weil ich nichts da hatte, habe ich aus Butter, Zucker und Mandeln Malz gemacht. Das schmeckt gut! Und dann sind wir zu Bett. Ich konnte lange, lange nicht einschlafen, mir schmerzte der Kopf so sehr. Und um ½ 2 [Uhr] wurde ich wieder wach von diesen Schmerzen, dazu wurde mir übel im Magen. Ich hab[‘] mich eine Weile umhergewälzt und bin dann mal raus zum Klo! In der Meinung, mir so Erleichterung zu verschaffen. Und nach anfänglichen Mühen gelang es mir auch. Kaum war ich zurück ins Bett, hörte ich Mutter rumoren. Sie war 3 mal draußen,. [sic] Ich hielts [sic] dann nicht mehr aus, und ging zu ihr an[‘]s Bett um zu fragen, was ihr sei. Sie klagte um dieselben Schmerzen wie ich: Magen und Kopf. Sie hatte gebrochen. Wir können es uns anders nicht erklären, als daß wir uns mit irgend etwas verdorben haben. Mutter hatte es so arg gepackt, daß sie heute früh so matt war und nicht ins Geschäft gehen konnte. Bei mir ist alles wieder gut. Im Laufe des Vormittages erholte sich auch Mutter wieder, sie ist nur noch schwach auf dem Magen. Nun gibt es uns auch noch Spaß, wenn wir an die vergangene Nacht denken! Wir hätten uns beinahe ums Klosett gezankt!
Ja – diesen Tag, den Mutsch zu Hause weilte, machten wir zwei Scheuerteufel uns gleich zunutze, um miteinander die Küche gründlich reine zu machen. Mit Ofen ausspritzen ging’s los! Und nachmittags um 5 [Uhr] ! waren wir endlich mit allem fix und fertig. Nun siehts‘ [sic] aber wieder fein aus in uns[e]rer Küche! Nur noch Gardinen müssen aufgesteckt werden. Du!! Eine Ergebnis brachte diese „Brechnacht“ noch: Mutter wird nicht nach M. gehen! Auch über acht Tage nicht!
Na – und wenn Du da bist, wollte sie ja sowieso auf keinen Fall runter gehen. Vielleicht ist das der Anfang zum endgültigen Schluß!
Aber in diesem Briefe habe ich nun wirklich das letzte Mal von diesem Fall gesprochen – mir hängt es nun bald mal zum Halse heraus. Du!!
Ich hatte heute nun gar keine Muße, Dir am Nachmittag zu schreiben. Du wirst mirs‘ nicht übel nehmen – der Tag galt ja „unseren“ Vorbereitungen! Du!!!! Und ich wollte es Mutsch auch nicht abschlagen, das Reinemachen schon heute. Morgen haben wir die große Hausordnung, weil diese Woche der 1. ist – (da müssen wir immer den Oberboden mit säubern) und dann das Baden! Und Dir schreiben! Weil ich da wieder alleine bin! Mutter arbeitet morgen wieder. Und am Sonnabend können wir dann mal gemütliches Wochenende halten, weil nun die Küche, das letzte was noch gründlich zu machen war, auch schon fertig ist. Nun habe ich nur noch das Backen und nochmal Betten überziehen. Kann mich aber die letzten Tage ganz sehr schonen, ehe Du kommst. Da werde ich auch nicht sehr krank werden! Du!! Heute ist Donnerstag, dann noch ein Donnerstag und dann? Du!! Du!!!!! Ist auch wieder Donnerstag! Aber da will ich schon nicht mehr allein sein!! Du!!! Ach – ich freue mich ja sooooo! Du?! Sei mir ganz artig, damit sie Dich ganz schnell fort lassen!!! Herzallerliebster!! Du!! Ich danke Dir für all Deine Beweise Deiner großen Liebe zu mir!! Ich danke Dir von Herzen, Geliebter!! Du!!!
Nimm heute mit diesem Boten vorlieb, morgen will ich Dir antworten. Herzallerliebster!! Behüte Dich mir Gott! Denke immer daran, daß ich Dein bin! Du!! Dein mit meinem ganzen Herzen voll Liebe u[nd] Treue! Dein in alle Ewigkeit, Du!!
Ich liebe, liebe Dich!!!!!
Ganz deine [Hilde], Du!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!