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[OBF-410125-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 25. Januar 1941.

Herzallerliebster!! Mein lieber, liebster [Roland]!! Geliebter!! Du!!

Nun bin ich wieder ganz, ganz Dein! Nur für mein Herzlieb bin ich da. Von meiner Hamsterfahrt, noch im grauen Dämmer des anbrechenden Tages, bin ich unbehelligt zurückgekehrt. Gefahren bin ich, diesmal wars' ganz angenehm! Der Vormittag ging rasch hin. 2, zwei! liebe Boten habe ich von Dir bekommen! Wäsche wollte gewaschen sein, Mittagessen gekocht, Vater hat Tagesdienst, da muß ichs hintragen. Anschließend, nach 1 Uhr noch ein Gang nach der Stadt, ich hatte viele Wege zu erledigen; unter anderem brachte ich uns auch eine Verdunklungsbirne mit, die will ich morgen mal im Schlafzimmer einschrauben! Und ein Hochzeitsgeschenk kaufte ich für Fräulein N. vom Friseur; ein Abfindungsgeschenk - aber nicht aus unsrer Kasse, Vater ist Kunde bei dem Friseur.

Dann galt es noch im Orte allerhand einzuholen für die hungrigen Mägen, die besonders sonntags immer recht verlangend knurren bei uns! Und dabei regnete es so herzlich – überall standen viel Leute in den Geschäften und da ist eine Stunde rum, ehe man sich versieht. Im Cafe Meyer kehrte ich ein und kaufte 3 Windbeutel und 3 Stück Sandtorte für den Sonnabendnachmittagkaffee, den ich aber nur mit Mutsch einnehmen konnte, als ich kurz vor 4 Uhr zurückkam. 1,50 [R]M bezahlte ich für die paar Leckereien! Aber man ist halt der Meinung: Du hast wieder mal Kuchen gegessen. Und von Meyers Bäckerei ist man – fast ausnahmslos in der Umgebung – nicht nicht [sic, *] enttäuscht. Sollst mal sehen, welcher Betrieb bei denen jetzt im Cafe, im Gastzimmer herrscht, seit wir Militär da haben. Alle, die sich ‚sowas' ohne besondere Einschränkung leisten können, kehren da ein und schlemmen. Wenn ich mal da vorbei gehe, sieht ‚man' hinter der Gardine hervor und Kommen und Gehen kann ich beobachten.

Na – mein Hubo, Herr Kantor, hat sichs da auch gerne wohl sein lassen, ja?! Und wenn er bei mir ist, da stellt er sich seinen alten Damen sicherlich wieder mal als schneidiger Soldat vor – mit Anhang natürlich – allein lasse ich Dich nicht mehr ausgehn!!

Ja – es ist jetzt 6 Uhr, mit dem Gongschlag! Vater kan[n] jeden Augenblick heimkommen. Die Mutsch ist 1/4 6 mit dem Bus zur Oma. Weißt, Herzlieb? Mußt nicht denken, daß ich die Einsamkeit schmerzlich empfinde, Du!! Wenn ich sonnabends abends so ganz allein bin! Nein Du!! Ich liebe die Einsamkeit oft!! Besonders dann, wenn ich mit Dir plaudern will, Du!! Da habe ich oft sogar schon die Eltern fortgeschickt abends, mal zu Besuch, zur Mutter, oder irgend wohin! Ja – das bringe ich fertig! Weil ich mich dann sehne nach Einsamkeit! Nach Ruhe! Dann will ich nur für mich ganz allein im Zimmer sein.

Und was das Schmerzliche ist, das mich manchmal übermannt, das ist die ungestillte Sehnsucht nach Dir!! Du! Weil sie dann ganz ungehemmt hervor brechen kann, wenn ich mich unbeobachtet fühle. Weißt, wenn ich so ganz mit aller Hingabe Dein denken will, muß ich allein sein. Wenn mein Wesen vielleicht auch anders geartet ist, als daß es darauf schließen ließe: ich liebe die Einsamkeit. Ich liebe sie aber in Wirklichkeit auch. Wenn ich zurückdenke: als wir noch nicht verheiratet waren, auch noch nicht verlobt, es war im Sommer, wie oft, wie so gerne bin ich in den Wald hinaus gelaufen, in die Felder, hab auf einem Feldrain gesessen – auf einer Stelle einsam, von Wald umgeben – mit meinem Briefblock – und habe Dein gedacht. Sieh – schon zu Anfang unsrer Liebe suchte und sehnte ich mich nach Einsamkeit. Und wenn es das Wetter nicht erlaubte, da bin ich oft auch nachdem ich schon zu Bett gegangen war und gelauscht hatte, wann die Eltern schlafen gingen, wieder aufgestanden und habe mit Dir geplaudert, bis in die Nacht hinein – ich vergesse dann Zeit um Raum, alles um mich her – kein Mensch weiß das – und ich habe oft viel Ängstlichkeit überwinden müssen, bei dem Gedanken: einmal können dich die Eltern erwischen. Ich habe schon von jeher die Einsamkeit vorgezogen, wenn ich meine Sinne alle miteinander auf eines richte, Du!! Du!!! Mußt nicht denken, daß es mich schmerzt, daß ich mir verlassen vorkomme, Herzlieb! Du!!

Es ist nur die Sehnsucht nach Dir, die Liebe zu Dir!! Sie läßt mir keine Ruhe, sie ruft nach Dir so inbrünstig, wenn ich niemanden um mich habe. Und doch ist es solch schmerzlich süßes - wonniges Gefühl, wenn ich spüre, wie alles in mir sich verzehrt in Liebe nach dem Einen – es möchte immer, immer wieder mich in seinen Bann schlagen – und ich werde nicht müde, mich diesem unbeschreiblich beseligenden Gefühl hinzugeben, es über mich Macht gewinnen zu lassen, es ist nun schon so wie eine Leidenschaft über mich gekommen; ich kann es nicht mehr missen. Und ich muß es immer wieder einmal so ganz heftig und stark fühlen, wie ich Dich inbrünstig liebe, wie wert Du mir bist.

Wenn ich fortwährend in Gesellschaft wäre, ich glaube es wäre dann, als ob sich da meine Neigung verflachen müßte, als wenn mich die Ablenkung wie ein Gift berauschen würde. Und das darf um nichts in der Welt geschehen – nein!!! Ich will die tiefe Liebe zu Dir erleben, wie es mein Wesen will, mein Inneres – ich mag keinen, keinen zwischen mir und Dir dulden! Du!!! Wenn auch die Zeit der Trennung manchmal schmerzlich zu ertragen ist – ich werde es alles, alles ertragen. Ich will alles, was um uns geschieht, die ganze Geschichte unsrer Liebe mit wachen Sinnen erleben – alles will ich – Freude und Schmerz. Ich will nich[t] betäubt sein mit irgend etwas mit Ablenkung oder sonst etwas – ich will auch von den Eltern nicht betreut sein – nein – ich will es allein durchfechten – will alles aus eig[e]ner Kraft ertragen – weil ich fest und stark werden will ohne Hilfe, um den anderen Teil des mir bevorstehenden Lebens zu ertragen. Sieh, wenn ich nun nur Dich hätte? – ich müßte auch ausharren.

Und weil ich niemanden [sic] als Dir gehöre und dem Herrgott, so will ich auch nur Deinen Trost und Gottes Trost. Du!! Ich bin Dir so von Herzen dankbar, Du!! Daß ich nicht mehr unter den vielen Mädchen in der Fabrik sein muß, daß ich ihre Welt, ihre enge Welt vergessen kann, ach so gerne vergesse ich sie! Daß ich in meiner Welt für mich nur Dir leben darf! In unsrer Welt muß ich nun sagen! Du!

So viel Reichtum bedeutet mir das! Ich möchte nie mehr dahin zurück; wenn ein Mensch schon den guten Willen hat, ein Eigenes darzustellen, für sich allein zu stehen, es ist so schwer – für einen jungen Menschen doppelt schwer, der noch am Anfang der Lebenskunst steht; die Art der anderen, die Art der breiten Masse ist wie ein Sumpf, der alles mit sich in die Tiefe zieht.

Und wenn auch Stunden waren der frohen Geselligkeit und Anregung, ich bereue es keine Stunde, daß ich dafür ein Leben der Stille und Einsamkeit eintauschte. Glaubst Du? Herzlieb? Wenn ich mir einmal die Frage vorlege; wie wäre es dir lieber, wenn Mutter mit daheim sein könnte – oder wenn sie arbeiten geht? Ich beantworte sie mir: es ist mir lieber, wenn ich allein daheim bin. Du!! Ich weiß nicht, ob das unrecht von mir ist, ob ich hartherzig oder egoistisch bin – ich sehe die Mutter wirklich gerne daheim, auch den Vater. Aber ich bin auch so froh, wenn ich allein sein kann, Du!! Richtig ganz für mich.

Weil eben alle meine Gedanken, mein ganzes Sein und Tun und dDenken bei Dir sind – nur bei Dir!!! Ich kann es ja auch nicht ändern, Herzlieb! Seit ich Dich in mein Herz geschlossen habe, Du!! Da ist für niemand anderes noch ein Platz darin. Ich habe die Eltern auch noch lieb – ja gewiß! Aber anders lieb! Erst kommst Du! Immer Du! Und das ‚Du' füllt mich so ganz aus – bis oben hin an den Rand meines Herzens, Du!!! Ich lebe mein Leben nur noch Einem – ich gehe nur noch in Einem völlig auf und dieser Eine bist Du, Geliebter!!! Ich mag garniemanden [sic] weiter um mich haben, Du!!! Und jetzt, wo Du nicht leiblich bei mir bist, da bin ich und bist Du doch ebenso innig und ganz fest mit den Gedanken bei mir. Jeder meiner Nachmittage gehört Dir – jeder Deiner Abende gehört mir. Du!!! Wie könnte es denn auch anders sein?!!

Geliebter!! Sollst mich nicht bemitleiden in meiner Einsamkeit – ich empfinde sie nicht schmerzlich, weil die Eltern nicht da sind – ich empfinde nur die dann aufsteigende heiße Sehnsucht nach Dir schmerzlich – doch sie reibt mich nicht auf, macht mich nicht lustlos, müde, dem Leben gegenüber – nein! – sie zeigt mir immer eindringlicher und deutlicher, wie sehr ich Dich liebe – wie innig Du mir vertraut bist – wie ich ganz fest an Dir hänge, Du!!! Sie zeigt mir nicht nur all das, sie gibt mir auch Kraft, immer weiter ganz Dein zu sein, ganz, ganz D[ein] – auch im Hinblick auf die Zukunft. Wir müssen uns darüber klar sein, daß die Trennung noch eine ganze Weile ihr Recht behauptet – das soll uns aber nicht schrecken! Wenn Gott uns nur nachdem gesund zusammenführt – ich will geduldig warten. Und noch einmal, Herzlieb! Grüble nicht mehr dem nach, daß mich die Einsamkeit bedrückt.

Unsere Familie, unter dem Verhältnis der Lebensbedingungen wie wir sie gewöhnt sind: straffe Arbeit – dafür Lohn, ken[n]t so Entspannung und Harmonie im Familienkreise nicht, wie Du das z.B. von Hause aus kennst – hier auch macht sich eben der Standesunterschied bemerkbar, die Eltern sind das nicht anders gewöhnt, – sie vermissen auch bestimmt nichts, wenn es Tag für Tag Beschäftigung gibt[,] und ich? Wäre beinahe ebenso in ihr Leben mit hineingewachsen, wenn – wenn mein [Roland] nicht gekommen wäre und mir seine Welt aufgeschlossen hätte. Sieh, ihre Gedankenwelt kennt ja ausschließlich nur eines: Arbeit! Womit Du Dir Deine Musestunden ausfüllen kannst: mit Lesen, Musizieren u.s.w.[,] mit all den vielen, schönen Dingen – dafür fehlt den Eltern der Sinn, das ist vielleicht in ihren Augen sogar verschwendete Zeit – ich weiß es nicht, denke es nur. Und so finden sie sicher auch nichts Außergewöhnliches daran, wenn sie da unten in Mittelfrohna helfen. Aber davon will ich heute nicht mehr sprechen.

Du!!! Wenn ich ganz lieb und fest bei Dir sein will in meinen Gedanken – dann will ich allein sein!! Und ich empfinde darum auch so dankbar, daß mein Leben jetzt so ganz einsam, ohne Fremde verläuft, so fühle ich mich Dir am innigsten verbunden! Herzlieb!! Alle meine tägliche Arbeit sie hat ein liebes, vertrautes Gesicht, weil sie übersonnt wird und durchströmt von all meinen heimlichen und frohen Gedanken an Dich!! Du!!! Niemand stört mich dabei – es ist als bereite ich alles, alles für mein Lieb – als erwarte ich ihn stündlich, täglich!! Es ist alles ein Bereiten und Üben und Rüsten schon für unser gemeinsames Leben in unserm Heim! Du!!!

Herzallerliebster!! So nenne ich Dich am allerliebsten, Du!!! Und nun willst Du bald zu mir kommen! Zu mir kommen! Willst mein heißes Sehnen stillen! Willst mich ganz fest und schützend an Dein Herz drücken! Willst mich einhüllen in Deine Liebe! Du kommst!! Du kommst!! Du!!!!! Der mir Heimat ist!! Erfüllung!! Dem ich mich so ganz, mit allem, was ich bin und habe[,] anvertraue!! Du!! Du!!!!! Ich kann nichts Lieberes, nichts Schöneres, nichts Köstlicheres ersehnen und erwarten!! Ich erwarte Dich mit aller großen Liebe, deren ein liebendes Weib nur fähig ist! Du!! Herzallerliebster!!! Wie nur, wie sollten Du und ich die schlimme Zeit jetzt ertragen, wenn wir einander nicht in Liebe verbunden wären?

So allein! So gänzlich allein stünden wir in dieser rauhen, wilden Welt! Ach Herzallerliebster!! Auch ich bekenne es so froh und dankbar und von Herzen glücklich: Daß wir beide so festen Halt aneinander gefunden haben! Daß wir einander so ganz nahe gekommen sind, auch innerlich! Daß wir uns darum beide so glücklich und tatenfroh fühlen, selber ein neues Paar in dieser Welt darzustellen, selber Eltern zu sein! Wir können beide nicht mehr voneinander la[ss]en! Alles, mein ganzes Leben ist Dir geweiht! Du!!!!!

Du spürst es nur glückvoll, Du sagst es mir, und das beglückt mich! Und ich fühle es auch aus allen Beweisen Deiner Liebe zu mir heraus, Dein Glück des Besitzes! Herzlieb!!

Alle Kosenamen, die Deine Liebe ersann, mir zum Geschenk machte, die allein schon sagen mir von Deinem Glück! Du!!! So heimlich zart; so sinnreich; keiner ohne eine liebe, heimliche Geschichte und Erinnerung klingt in mir nach – Du!!! Wie sie Dir eigens lieb und teuer sind, so lieb und wert und teuer nahm ich sie an mein Herz und weiß beglückend, daß sie so nur aus einem Munde klingen, daß sie so lieb und innig nur ein Lippenpaar mir sagen kann! Daß sie nur für mich allein nun gelten dürfen – das macht mich glücklich und stolz, Du!!! Weil ich nun weiß, daß die Namen, die auch meines [Rolands] Sehnsucht von einst ausdrücken, in mir Erfüllung fanden. Du!! Ich lasse sie mir alle, alle von Herzen gern umhängen, Du!!! als Mäntelchen Deiner Liebe. Ich weiß, was sie bedeuten sollen, in ihrem rechten Sinne,: alle, alle Liebe, in die Du mich einhüllen möchtest!! Herzallerliebster!!!

Herzallerliebster!! Dein Bild, das liebe, ich habe mich soo gefreut darüber, Du! Ja – das Heimweh steht in Deinen lieben Augen – Du!! Ich sehe es Herzlieb! Und ich möchte Dein liebes Köpfchen in meine beiden Hände nehmen, ganz behutsam und zart, möchte alles Sehnen und Heimverlangen stillen, indem ich es fortküsse, Du!! Ach – wie Du da so vor mir stehst, Herzlieb! Ich sehne mich nach Dir!! Du!!! Du kommst bald, bald heim. Du wirst zu mir kommen, ich habe doch alle Liebe aufgehoben! Du!! Du!!!

Ich kann keinen so lieb haben, von allen die um Dich stehen auf dem Bild, wie Dich!! Schon äußerlich nicht – innerlich vielleicht erst recht nicht. Einige kenne ich noch, mit Namen vielleicht sogar, auch in ihrem Gehabe. Dieser N. neben Dir, an ihm ist alles so gemacht, so betont gewollt – er hat sich [sic]. Sonst ist er vielleicht gar nicht übel, charakterlich. Wenn ich mit ihm damals zur Stadt ging[,] hatte ich das Gefühl, Walter B. (weißt der verunglückte Missionar) ginge neben mir. Ich konnte mir nicht helfen. Um ein Urteil zu fällen[,] kenne ich ihn ja viel zu flüchtig. Der da vom dicken Stubenältesten so halb verdeckt ist, ist wohl der angenehme Berliner? Die andern sind mir nur noch blaß in Erinnerung. Der im Hintergrunde neben dem Hamburger oder war er aus Kiel? steht, der so versonnen schaut, ist sicher der damals Neue, ganz junge – ich vermein das aus seinen Zügen zu erkennen, daß er der jüngste ist, er schaut so ein bissel verloren drein; so ohne eine gewisse Prägung ist sein Gesicht noch, wie es eben bei jungen Menschen noch ist.

Soviel glaube ich von Eurem Christbaum erkennen und sagen zu können, daß er recht hübsch gewesen sein muß. Auf Bildern kann man das schlecht erkennen. Er steht gar auf meinem Platz, Du!!! Mein Hubo ist der größte! Der liebste, beste, treueste von allen. Ich sehe das nicht nur vom Bild ab, Du!! Das weiß ich.

Die Äpfel sind heil angekommen, freut mich; ich hatte bange, daß sie erfrieren, oder faulen, bis dahin! Du?!! Hast Dich so gefreut? Herzlieb!! Und sagst dazu eine so heimliche Geschichte?!! Ich hab sie mit Freude gelesen, Du!!! Du?!! Bringst solch einen Apfel mit einem Ding an mir zum Vergleich – da muß ich Dir etwas leise sagen, Du! aus der Schule der Evchen!! Du!! Die Evchen unter sich nennen das Ding an sich genau auch: Apfel – das darf natürlich keiner wissen von Euch Männern – aber manche wissen's doch! Und ich hab es auch bloß mal so aufgeschnappt und habe mir meine eigenen Gedanken darüber gemacht – es ist schon so lange her! Und da mußte ich bei mir feststellen, daß doch äußerlich dieser Name ein ganz treffender Vergleich ist und ich sagte mir: da habt ihr schon recht. Nur, so mit allem Drum und Dran kannst Du die Sorte nicht auffressen!!! Hörs[t] [Du]?!! Einmal hineinbeißen darfst Du – – – wenn Du mich eben zum Fressen lieb hast. Du!!! Da schlägt's nicht 13! Was mein ist, das ist auch Dein, Du! Du!!! Du?! Am Ende hast Du schon mal ein Stückchen abgebissen von einem? Hand auf's Herz!!! Weil – nun weil – weil ein bissel fehlt! Oder? Du hast bei einem die Blüte wach geküßt, daß er nun erst sich besinnt und wohlig sich dehnt, wie ein ausgeschlafnes Kindlein und sich dann verlangend nach dem süßen Wecker sehnt und wie das Sehnen, so wächst auch das Äpflein. Du? Am Ende ist es so?? Die Zukunft wird es lehren, so spricht weise die alte Märchentante!!!

Du!!! Du!!! Herzallerliebster!!


Unserm Kindlein wird das einmal der Inbegriff des Verlangens sein, in seinen ersten Wochen des Lebens – wie wunderbar Gott das Weib erschuf. Und auch der Mann darf sich daran freuen!


Von der Feuerwärmflasche schreibst Du mir! Huuh gefährliche Geschichten!! Es könnt' einem schon heute kalt den Rücken entlang rennen, wenn man nur an die Beweise dieser Worte denkt! Du!! Du!! Heute zittere ich [**], Jawohl!! Aber morgen ist das vorbei! Du sagst es! „Einen Tag wird sie nun Respekt haben vor ihrem Mannerli." Ja, das stimmt! Und darum will ich morgen weiter mit Dir verhandeln, wenn der Respekt um ist!!!

Ich bin nämlich heute abend ein bissel zu müd'[,] um mit allem Feuereifer zu antworten, der bei dieser hitzigen Geschichte erforderlich ist!! Du!! Lausbub!! Lieber! Du!!!!! Ich bin Dir heute abend vieeel zu gut, um energisch zu sein! Verstehst Du das? Herzlieber Lausbub?!!

Und darum will ich, ehe ich mich in Eifer und Schreibewut stürze, lieber erst mal einen Punkt setzen für heute! Ich bin soo glücklich und froh und selig müde. Du!! Ich will Deine lieben Hände mitnehmen in meinen Traum. Morgen fasse ich sie wieder lieb und fest in Wirklichkeit, Du!!!

Du!! Heut Nacht hat mir von einem Schlüsslein geträumt, und ich sah gar nicht die Gestalt, die Person[,] zu der es gehörte! Das war aber komisch, es lag vor mir, zum Greifen nahe und weil ich nicht wußte, wem es gehört, so habe ichs auch nicht angerührt – ich war nur ganz gebannt vor Schreck und mußte es immer ansehen. Du!! Ich war so froh, als ich aufwachte u. merkte, daß es nur ein Traum war. So etwas habe ich aber auch noch nicht geträumt, Du!!! Ich kenne seine Gestalt, zu dem es wohl gehören möchte Du!!! Du!!!!!!!!!! Und die liebste, liebste Gestalt, sie kommt mit allem, allem zu mir!!! Du!! Ich freue mich!! Ich liebe, liebe Dich!! Du!!!!!!!!!!!!! Gott behüte Dich mir! Er möchte uns bald gesund zusammenführen! Herzallerliebster!! Du!!!!

In Treue immerdar ganz Deine Holde.

[* = Doppelung kommt wahrscheinlich, weil an dieser Stelle ein Seitenwechsel stattfindet]

[** = zittrig geschrieben]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946