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[OBF-401222-001-01]
Briefkorpus

Sonntag, den 22. Dezember 1940.

Meine liebe, liebe [Hilde]! Herzallerliebste, Holde mein!

Dein Geburtstagsjunge, Dein alter großer, dummer, er ist nun so selig müde heute. Und nun wünscht er sich an Deine Seite, möchte ausruhen in Deinem Schoße, im Schoße seines Glückes, selig müde, selig müde wie ein Kind am Weihnachtsabend, so wunschlos glücklich von all den erfüllten Wünschen. Geliebte! Geliebte!! Wie kann meine Freude nur noch gekrönt werden anders, als daß ich bei Dir bin, daß ich Dich sehe, Dich fühle, Dich umfange, letzte Gewißheit und Erfüllung all dessen, was an Liebe und treuer Hingabe hinter den Zeilen steht von Deiner lieben Hand, hinter Deinem lieben Geschenk. Meine liebe, liebe [Hilde]! Ein Tag in meinem Urlaub soll Geburtstag sein, ja, Du?? Du?!! Der erste vielleicht, bei Euch zu Hause?! Du!! Und am Nachmittag müssen auch die lieben Eltern mitfeiern. Und dann feiern wir beide! Du!! Und Du ziehst das Kleidel an, das sich das Geburtstagskind wählen darf, ja? Du!! Geliebte! Und dann wollen wir einander Aug[’] in Auge schauen, Du!! Dann soll die Feder ruhen, und die Augen sollen sprechen und die Herzen schlagen — wie lange? Ach Geliebte! Keine Stunden sollen wir dann zählen brauchen, keinen Lauscher fürchten, keinen Neider, selig wollen wir in einander ruhen bis zur kinderseligen Müdigkeit! Du!! Ja? Du!! Meine liebe, liebe [Hilde]! Wie anders kann ich Dir besser danken als mit diesem Wunsch, dem Wunsch, eins zu sein mit Dir? Mein Herzenswunsch, mein ganzes Sehnen: Eines zu sein mit Dir! Mit Dir, meiner lieben, lieben [Hilde], Du!!  Ich darf noch nicht müde sein, darf mich noch noch [sic] nicht dem seligem Traum von meinem Glück, von meinem Herzlieb überlassen. Geliebte! Du nimmst heute mit dieser Seitevorlieb [sic], ja, Du?

Ich saß beim Morgenkaffee, wir waren erst um 9 Uhr aufgestanden, weil wir Alarm hatten. „[Nordhoff], es wartet jemand draußen!“ „Deine Frau!“ Ich war nicht wenig überrascht. Und da kam sie den Berg herein, Frau Holle, die Botin Deiner Liebe, die erste Gratulantin. Geliebte!! Kein schöneres Zeichen für Deine Treue und fürsorgliche Liebe als dieses pünktliche Geburtstagsgeschenk über weite Ferne hinweg. Glückstrahlend trug ich es heim. Gleich sollte der Dienst beginnen. Froh eilig habe ich den Faden aufgeknüpft und habe mir das schönste und liebste heraus geno[m]men, es fest in meine Hände genommen, Deinen lieben Geburtstagsboten. Herzliebes! Dein liebes Geburtstagskind ist so glücklich heute, Du schenkst ihm die Mühe, heute auf alles einzugehen. Die lieben Eltern beide müssen heute noch einen Festgruß bekommen. Es war ja noch nicht genug des Glückes — am Nachmittag erreichten mich die Glückwünsche der lieben Eltern und Dein lieber Bote vom Freitag.

Herzallerliebste! Du hast mich so reich beschenkt! Ich bin so glücklich. Ich möchte Dir bei Dir sein — und nachher will ich noch einmal alle Sinne zu Dir schicken, um Deiner zu denken in Liebe und Dankbarkeit!

Meine liebe, liebe [Hilde]! Ich schrieb Dir, daß der Geburtstag eine besondere Gelegenheit ist, das Herz sprechen zu lassen. Es spricht ja immer zwischen uns! Du!!

Mein Herz soll ich sprechen lassen zu Dir?

Meine liebe, liebe [Hilde]! Mein Glück! Mein Leben! Mein Ein und Alles! Erfüllung meiner Sehnsucht! Vertraute meines Herzens! Freund, Kamerad! Mein liebes, süßes, schönes Weib! Meine liebe Frau!

Ich bin Dein [Roland]! Ich gehöre Dir ganz für alle Zeit! Ich hänge an Dir und bin Dir verbunden mit allen Fasern meines Herzens!

Gott behüte Dich! Ich danke Dir so sehr! Ich bin Dein Geburtstagskind, es liegt glückselig in Deinem lieben Schoß!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946