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[OBF-401206-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 6. Dezember 1940.

Mein liebes, teures Herz! Geliebte, Holde mein!

Hurrah! Dein lieber, langer Bote ist gekommen!

Vielen, herzlichen Dank. Ja, wenn man so lange schläft, dann wird er erst spätabends fertig und geht andern Morgens 11 Uhr erst ab! Und nun muß ich erst einmal zanken: Hast Dich mit beiden Koffern vom Bahnhof geschleppt! Steht doch einer Dame gar nicht! Nein, aber, Du, mußt Dir noch viel mehr angewöhnen, auf Dich zu achten!

Herzliebes! Es freut mich, daß Deine Heimreise so glatt verlaufen ist, und soviel Platz war noch im Zug, und ich wäre so gerne mitgekommen, mit Dir auf solcher langen Reise. Du! Unsre Hochzeitsreise, weißt, die ist noch fällig! Das ist eine lange, lange Reise mit mindestens 10 Stunden Fahrt, wenn wir viel Geld haben 2. Klasse. Ich seh Dich nun noch sitzen auf dem Wittgensdorfer Bahnhof, der so allein und kahl im freien Felde steht wie für die Hasen, dieser öde Bahnhof, und ist doch wichtig. Wenn ich ihn erreichte auf meiner Reise zu Dir, dann war die größte Ungeduld vorbei. Du aber nun dort, von weiter Reise, ¼ Stunde von Hause, dort noch einmal zum Aufenthalt festgehalten, das ist lästig und ärgerlich! Die Gesichter von Vater und Mutter hätte ich sehen wollen! Überraschung, freudige Überraschung! Wenn Du nach Hause kommst! Ach ich verstehe sie so gut, die Eltern, Du! Fast, daß ich sie darum beneiden könnte! Nach den Sprotten also nun – – na, was willst freiwillig sein? – – Karpfen? Ist zu dick für Dich! Hecht? So flink bist Du nicht. Ach! sagen wir der Kürze wegen – der Backfisch! Und nun war er so müde, sooo müüde [sic]! Aber mir zeigt er es nicht, der Schlingel! Ja, es ist schon gut, daß beim Möbelhändler 2 Bettlein stehen für uns, gut für die 'Ruhe' und für die Nachtruhe. So gut wir uns sonst vertragen – aber im Federball platzen die Unterschiede zu sehr aufeinander. Ich denke jetzt eben nur an mein leicht Schweiß absonderndes Temperament. Ach, ich glaube, auch das gibt sich noch. Gebadet habe auch ich am Dienstag. Es gebrach mir nur an neuer Wäsche. Ich war noch nicht wied[er] bei Frau P., mein Zeug steht noch dort. Heute zum Abend will ich es holen

Heute früh war es hier zum ersten Male Winter, Sturm und naßkalt und finster draußen zum Fürchten. Heute zu Mittag ist Matsch überall. Jetzt heißt es Ohren steif halten, Liebste, nicht erkälten, hörst Du?! Brav sein und gut folgen, ich will es auch! Wir hatten doch zu allem Glück auch recht gutes Wetter verflossene Woche.

Ach Du! Ich freue mich mit Dir, daß alles so gut gelungen und abgelaufen ist. Ganz dankbar bin ich Dir in meinem Herzen für Deinen Besuch, ganz warm wird mir uns Herz von der großen Liebe, die Du mir damit erzeigt hast. Und wenn ich mich auch besuchen ließ, so hatte doch auch ich Gelegenheit, Dir Liebes zu erzeigen, das beglückt ja gleicherweise. Und wir haben es ja beide so tief und deutlich empfunden, wie nie zuvor, und sind nun wohl des Glücks mehr, als wir hoffen konnten. Liebste, Geliebte! Du bist mit mir darin eins: daß uns mit diesen wenigen Tagen so viel geschenkt wurde.

Herzliebes! Abend ist, da ich weiterschreibe. Draußen regnet es bös. In unsrer Stube ists gemütlich warm. 2 Boten liegen vor mir auf dem Tisch! Du! Ich danke Dir so sehr dafür! Nun ist wieder Ruhe in mir — nun brennt die Flamme in mir wieder ruhig — bis — bis morgen, Herzliebes! Ach Du! Im Radio ist eine herrliche strenge Musik heut abend. Mich wundert, daß noch niemand ausgeschaltet hat. Aus der Musik leuchtet [s]o viel Freude und Wärme, als spielte man sie eben uns beiden auf. Musik hören will ich mit Dir, Geliebte! Freust Dich darauf? Du! O Du!! Wie reich ist die Welt an Schönem! Wie bieten sie sich immer wieder an, überall, allenthalben, diese Schönheiten — die Menschen gehen nur zu oft achtlos daran vorbei, sie haben keine Zeit, die Zeit dazu scheint ihnen wohl gar verschwendet. Liebste, ich freue mich so darauf, mit Dir bei diesen Schönheiten zu verweilen! Geliebte! Die Welt mit Dir! Sie scheint mir nun so reich und schön und liebenswert! Und sie ist es auch.

Sie ist es auch Dir, ich weiß es. Du! Gehst nun mit Deinem Glück und Reichtum wieder um unter deinen Bekannten, und sie müssen es spüren, wie sie aus Dir leuchten, wie Du mein Bild in Dir trägst, Du! So wie die Kameraden nun wissen, wessen Bild ich in meinem Herzen trage.

Hast so viel Erinnerungen mitgenommen, Du! Ich freue mich mit Dir und Euch über unser Blaues. Bald werde ich nun auch die Bilder sehen. Ach Du! Die liebsten Erinnerungen tragen wir ja doch in uns, und mehr als die Erinnerungen [^]ist unser Glück, ist die Gewißheit, daß wir einander so lieb haben, daß niemand uns [^]zu scheiden vermag.

Freitag ist schon wieder. Badetag. Vor 8 Tagen? Da kam ich schon zeitig, daß wir noch ein Stück bummeln konnten. Du weißt, wie gern ich an Deiner Seite gehe — Du, mein liebster Kamerad!

Nun freue ich mich wieder auf Deinen lieben Boten.

Herzallerliebste! Behüte Dich Gott!

Halte Dich schön warm! Bleib froh und gesund!

Ich bin immer bei Dir! Es kann nirgends schöner sein! Liebste Du! Du bist mein! Du hast es mir aufs neue so lieb und treu bewiesen, hast mich so reich beschenkt, Du! Du!!! Mein liebes, süßes, schönes Weib! Meine liebe, liebe [Hilde], Du!! Ich bin Dein [Roland]!

Ich könnte gar nicht mehr anders! Ich liebe Dich so sehr, Du!! Sei recht froh u. glücklich, Gelie[bt]e! Dein [Roland] will ich sein, nichts sonst, Du!! In meinem ab Herzen aber bist Du, Liebste, Holde! Du, meine liebe, liebe, liebste [Hilde]!!!

Grüße auch die lieben Eltern.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946