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[OBF-401121-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, d. 21. November 1940.

Du! Herzlieb! Geliebte! Holde!

20 - 21 - 22, [Roland] und [Hilde], Hubo und Holde!!!

Du, was soll ich noch Dummes schreiben? Ist es denn möglich? Morgen? Noch einmal schlafen, oder nicht schlafen? Du!! Und über 24 Stunden will sie bei mir sein?!! Und sie wird wirklich kommen!, Du wirst kommen!!! Deine Bote vom Dienstag hat mich dessen sicher gemacht!!

Geliebte! So viel nimmst Du auf Dich meinetwegen! Aber ich tät es ja auch, Du weißt es!!

Du! Heut vormittag gegen ½ 11 Uhr, da fing ja meine Hand so an zu zittern beim Schreiben! Hast wieder so an mich gedacht? Du! Ich fürcht mich richtig ein bissel vor dieser Nacht! Ich möcht doch noch mal ganz fest und bewußtlos schlafen, aber ich werd es nicht können! Wenn es ein Mittel gäbe! Aber Dir wird es nicht anders gehen! Du! Ich hätte Dich heute beobachten wollen bei Deinen Verwandten — so voll Reisefieber! so voll Unrast, so voll Wollen zum Weiterreisen! Zu mir, Du!! Und die Sorge darum, daß Du nun den Zug erreichen wirst! Wieviel Weckuhren hast wohl aufgeboten! Geliebte! Glückliche Reise wünsche ich Dir, ich will darum beten, Du!!

Was soll ich schreiben, damit der Abend hingeht? Ja Du! Heute weiß ich nichts Gescheites mehr. Und so wird es auch morgen sein: Nichts Gescheites mehr. Ganz sehr zusammennehmen muß ich mich, um ganz brav zu bleiben! Geliebte! Diese Zeilen [^]werden Dir der erste Gruß sein! Zum zweiten Male bist an der See, zum zweiten Male bei einem Soldaten — und diesmal? Bei dem richtigen!!! Du liebe, gute, treue Seele!!! Und das Wasser ist viel zu kalt, kannst Dich nur in die Arme Deines Hubo stürzen! Brauchst gar kein Badehöschen dazu! Psst! Aber vielleicht die Bademütze, Du! Ja Du! Nun sehe ich uns schon ziehen auf dem Weg zur Frau Holle — untergehakt, wenn es geht. Du! Es ist ein gar heimlicher Weg! Und dann werde ich Dir zeigen, ganz unvorbereitet, wo Dein Liebster laufen muß — und in die Augen werde ich Dir liebevoll schauen — um Dir über die erste Enttäuschung hinwegzuhelfen — und dann werden werden wir zu Frau Holle kommen, gleich hintenherum — und dann — dann wirst Du ihn schauen, den Ort der Erfüllung — Herzallerliebste — einen langen, lieben Kuß! und dann — bald — dann kommt Dein Liebster heim — zu Dir — zu Dir, Geliebte! — heim zu Dir!!— schnell? — schnell? — ganz schnell, Du! — so bald und schnell er kann!! Du! Du!! Bald kommt er!!! Parole? - "Holde!" Wirst mich einlassen? Ins Stübchen? Zu Dir? Gefangen bist Du dann!! Mein bist Du dann!!! Überleg Dirs fein! Und wenn Du mich nicht einläßt? — Du, ich bleib bei Frau Holles Häuschen und belagere es — und möchten sie kommen, Feldwebel u. Hauptmann, sie brächten mich nicht anders weg als mit böser Gewalt! Du! — Du! Könntest so grausam sein mit mir? — O nein, nein! Und könne ich nicht herein, Du könnest heraus, Liebste!!

Du und ich! Wir beide!! Ich bin Dein [Roland]! Und Du bist meine

Holde, meine Holde!!!

Parole? "Holde."

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946