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[OBF-401026-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 26. Oktober 1940.

Herzallerliebster! Du mein geliebter [Roland]! Du!

Heut ist Dein Feiertag—Bummeltag. Wirst wieder in die Stadt fahren? Vielleicht heute das letzte Mal bis auf weiteres! Du! Bei uns liegt heut der erste Schnee! Kalt ist's! Ich könnte Dich brauchen, mein Hubo!

Die Eltern sind schon früh beizeiten fort, zur Oma in die Kirmes. Ich werde erst wieder mit dem 100 Bus kommen. Du! Herzlieb!! Du gehst mir ja doch vor allen vor! Eben habe ich Deine Socken gestopft, am Höschen einen Knopf angenäht, festgenäht, was locker war. Geplättet, eingepackt. Ach Du! Wenn ich Dir nur immer recht viel schöne, neu[ge]waschene, warme Sachen schicken könnte! Ich mach das so gerne, Du! Weißt, Dein Nachthemd muß ich erst mal richtig flicken, waschen u. kochen bei der großen Wäsche nächste Woche, sonst kriege ich keinen Grund rein.

Ich hab Dir ein neues eingepackt, wenn ich sie selber waschen kann ist es ja gut. Aber bitte Du! Läßt es nicht so sehr schmutzig werden, so um den Hals herum. Gleich wenn die anderen beiden von der Wäsche kommen, schicke ich sie Dir, nicht wahr? Das eine Paar Socken, die hellen sind ja soo klein an den Füßen — verfilzt — da stricken wir erst ein Stück an, dann bekommst sie wieder.

Und jetzt will ich mich erst mal recht schön bedanken für Süß und Sauer! Weißt, was ich meine? Du! Hast denn Brotmarken gehabt, um das Gebäck zu kaufen? Wir haben uns gefreut Mutter und Vater! Und ich! Es ist schon alle, hat gut geschmeckt! Wie Du die Schockolade hineingeschmuggelt hast? Vater hebt seines auf für die nächste Nachtschicht. Überhaupt! Recht herzliche Grüße von Mutter u. Vater, mein [Roland].

Du!! Ich hab['] gefunden, was Du Süßes im Hemdlein verbargst. Roland! Du! Wie mir zumute war als ich es sah!

Hast Du geträumt? Von mir?

Herzallerliebster! Dein Bote vom Mittwoch kam heute morgen zu mir! Du! Ich dank Dir von Herzen. Ich freute mich so sehr zu lesen, daß Du mich überall hin verfolgst in Deinen Gedanken. Ach Du! Wir könnten doch nicht mehr sein ohne einander! Was kümmern mich denn die anderen Männer, die vielen, die die Mädchen bestaunen mit verlangenden, dreisten und frechen Blicken. Keiner, k[ei]ner ist so wie Du.

Ach, mein [Roland]! Ich wünsche mir auf dieser Welt nichts, als Dich und den Frieden. Weiter brauchte ich nichts, um ganz, ganz froh und glücklich zu sein.

Du dachtest auch am Abend meiner Heimkehr an mich, Du! Und nun weißt Du gewiß unterdes, wie Du mich glücklich, wie Du mich überglücklich machtest. Ja, in Deine lieben Augen möchte ich schon sehr gerne einmal sehen, Du! Aber er wendet den Blick nicht zur Seite, wie lieb ich ihn auch anschaue, wie lang auch!

Ich muß schon kommen. Ach, Du!! Du!! Nicht jetzt schon so sehr daran denken. Gestern hab ich nun in Mittelfrohna geschafft. Reichlich 2 Stunden war ich mit Oma beim Bäcker; dieser viele Küchen, alles für die Gäste. Jammerschade — so denke ich!

Dann habe ich mit Tante Friedel die Küche rein gemacht und droben im Schlafzimmer die Fenster sauber gemacht und frische Gardinen aufgemacht, Verdunklung gebaut. Gegen Abend trugen wir noch die Kuchen heim, 16 Stück große, lange!

Um 700 fuhr ich wieder heim und bin gleich in die Wanne gestiegen, dann ins Bettlein und von Dir liebe Worte gelesen, an Dich gedacht hab ich, an unser Wiedersehn! Ach Du! Niem[and] weiß noch darum als die Eltern. Und die Mutsch, die hat nun schon wieder ihren altbekannten Drasch, ängstlich um mich besorgt wie sie ist. Ich muß ja so lachen—es ist ja noch nicht so weit, sag ich nur. Na, Ihr beiden werdet schon sorgen, daß es soweit kommt, meint sie dann und macht dabei ein Gesicht als würde sei [sic] sich eben ergeben in unsere Pläne. Ach, die Mutsch! Vater ist nicht so ängstlich, er gibt es auch nicht so raus, was er bei sich denkt.

Ja Du! Ich hab mir das überlegt, wenn ich in Halle übernachte. Die Verwandten würden mich mit Freuden nehmen. Aber sie wohnen ja so weit, weit vom Bahnhof, vor der Stadt u. es fährt kein Bus; nur, wenn ich bis zum Stadtbeginn ungefähr ¾ Std. lang laufe, die Straßenbahn. Ich soll doch gewiß ab Halle frühzeitig fahren. Ich glaube das wird nichts Genaues. Ich müßte schon durchfahren. Willst mir denn nicht mal den Fahrplan verraten, Dickerle?! Du!, dank für [d]ie Ansicht des Kieler Bahnhofs! Schön! Ich hebe alle Bilder auf!

Herzlieb es ist 1200 jetzt. Ich will mir rüsten für die Fahrt. Welche Arbeit auf mich wartet ist noch ungewiß, aber Innendienst (Küche) tu ich nur. Das ist nun fest. Herzlieb! Mein über alles geliebter [Roland], Du! Behüt Dich Gott auf allen Wegen. Verlebe einen frohen Sonntag! Ich bin mit meinem ganzen Denken, mit meinem ganzen Herzen nur bei Dir. Ich liebe Dich Du! Über alle Maßen.

Ich bin und bleibe in unwandelbarer Treue allein nur Deine Holde.

Dein bin ich, nur Dein! Mein [Roland]!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946