Bitte warten...

[OBF-401025-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 25. Oktober 1940.

Herzallerliebster! Mein lieber, lieber [Roland]! Geliebter mein!

Es ist früh 7 Uhr, da ich Dir schreibe. Wunderst Dich, ja? Heute mittag mit dem 100 Bus will ich nach Mittelfrohna zur Großmama fahren. Sie hat mich darum gebeten. Sonntag ist Kirmes in Mittelfrohna.

Ich habe lange gezögert ehe ich mich entschloß. Auf das gute Zureden Mutters hin habe ich mich dann gefügt, wenigstens an dem Nachmittag heute und zusammen mit den Eltern Sonnabend-Sonntag, zum Hauptbetrieb zu helfen. Was es mich für Überwindung kostet, Du Liebster bist sicher der Einzige, der das weiß. Ich mag es nun der alten Großmutter willen nicht zurückweisen.

Und was ich da unten helfen werde? Nur das, was meiner als Deine Frau würdig ist — nur das, oder bin ich zum letzten Male unten gewesen! Alles in mir ist voller eisiger Abwehr. Ein verlorener Sonntag ist es für mich. Aber es ist sicher unrecht von mir, wenn ich mit so bösen Gedanken dahin gehe. Ich will mir Mühe geben, froh zu schaffen, worum mich Großmutter bat. In der Küche helfe ich, im öffentlichen Betrieb keinesfalls. Und Du? Mein Lieb? Wirst mir dann auch die Erlaubnis dazu geben?

Du weißt, Du kannst Deiner [Hilde] ganz vertrauen, ich tue nur, was meiner würdig ist.

Und jetzt will ich mich nur noch freuen mit Dir, mein Roland! Freuen über unser heimliches Planen, Du! Gestern gegen 600, als ich Deinen Brief besorgte, sah ich schon wieder einen Boten von Dir im Kasten winken. Du!! Ich danke Dir, mein Lieb! Nun stehst Du vor mir auf dem Tisch und ich lese aus Deinen geliebten Zügen das Hoffen, die Sehnsucht auf unser Wiedersehen. Ach, [Roland], wenn sich unser heißer Wunsch erfüllt. Ich wüßte mich ja vor Jubel nicht zu lassen, Du! So Gott will wäre es ja schon in 4 Wochen Du!! Alles, was Du anführst am Erwägungen und Gründen leuchtet mir ein, und ich verstehe Dich voll und ganz Liebster! Du weißt ja, wie gerne ich mich Deinen lieben, vorständigen Wünschen füge, Du! Herzallerliebster! 13 Tage? Du!! So lange darf ich bei Dir sein? Du!! Das hatte ich nicht erwartet! Schön hast Du die Zeit erdacht, a[us]gewählt, die wir zusammen sein möchten. Siehst, Du bittest mich um meine Wünsche dazu! Du Lieber, Guter denkst ja schon allein an alles, alles was uns beide bewegt und angeht! Was soll ich nun noch tun, als mich glücklich und ganz, ganz zufrieden der liebenden Fürsorge meines Geliebten hinzugeben? Du!! Ich bin Dir so dankbar, daß Du mir alle Deine Pläne und Vorbereitungen darum enthältst, daß Du so das helle Licht der heimlichen Freude immer mehr erstrahlen machst in meinem Innern. Nun wollen wir Gott vertrauen und gläubig hoffen, daß es sich erfüllen möge. Erfüllen möge auch zum Guten mit Deiner Versetzung an einen neuen Standort! Ich sehe garnicht schwarz, Du! Wir dürfen froh, gewiß denken daran, wie es das Schicksal so gütig meinte mit uns bisher. Keinen Grund haben wir mutlos zu sein. Mein [Roland]! Mein Geliebter!

Du! hast mich neugierig gemacht! Ich meine, es ist mein Freitagsbrief von vergangener Woche, aus dem Du nicht klug geworden bist. Ich kann und kann mich nicht entsinnen, was ich schrieb. Guck doch mal nach, u. schreibe mir's dann. Ich will Dir gerne Aufklärung geben, wenn ich's kann, Du!!

Du! Dickerle!! Nun weiß ich auch, warum Du am Sonntag so zum Scherzen aufgelegt warst und mir allerlei nette Lachen an meinen Dickkopf warfst. Du hast gewußt wie glücklich ich bin über Dein Geschenk u. daß ich Dir darum auch garnicht böse bin, wenn Du mich mal bissel ärgern, necken willst, Du! Es hat mir viel, viel Spaß gemacht Deine Zeilen zu lesen!! Jetzt ist wenig Zeit darauf einzugehen. Aber sei sicher Du!! Ich zahle Dir alles heim, wenn ich Dich persönlich vor mir habe Du!! Wir werden dann nicht nur sehen wer die längere Zunge hat, Du! Sondern vieles mehr; aber Schluß nun, es ist aber auch ein verflixt verfängliches Thema! (Ich mache Dir kein y vor x mehr vor, bin ich nicht klug und weise?) [
[Siehe Ausschnitt aus dem Brief.]

Du! Ich war gestern singen. Herr H. muß in Bremen eintreffen bei den Fliegern! Nächste Woche, nein am 6. November. Weißt Du, wer der neue Kantor ist? Herr Lehrer St. von der Schröderstraße, der die Dorfchroniken schreibt. Dem ich mal ein W. H. W. Abzeichen bezahlte! Wir sind alle platt, Du! Aber jetzt glaub ich kommt wenigstens wieder Ordnung herein. Der war ja früher nie für die Kirche! ei ei [sic] was' [sic] nicht alles gibt! Eher hatte ich an G. gedacht. Na, schön. Du!! Eben kamen 2 Briefe, es ist fast 9 Uhr. Einer von Kamenz umgeschrieben u. gewiß Dein Dienstagbrief. Tausend Dank Liebster!! Ich will die beide dann lesen. Du! Ich bin immer bei Dir in den kommenden Tagen, da wird es mir leichter werden. Ich liebe Dich Du! Mein Glück! Mein Ein, mein Alles!

Behüt Dich Gott! In unerschütterlicher Liebe und Treue immerdar

Deine Holde. Dein!!

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946