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[OBF-401022-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 22. Oktober 1940 in Kamenz.

Herzallerliebster! Mein lieber, guter [Roland]! Geliebter mein!

Endlich ist er da Dein lieber Bote vom Freitag. Hab Dank dafür! Du mein [Roland]. Es hat mir so wohl getan, Du! Alles, was Du mir schreibst. Liebster, nun ist es als wärst bei mir gewesen, Du!

Heute geht mir alles durcheinander, Du. Zweimal hab ich schon begonnen mit Schreiben. Erst kam die Pfefferkuchenfrau aus Pulsnitz. Dann Rachels Kinder, um unser Kind zu bestaunen, ach da konntest Du aber Leben in der Bude sehen! Dann kam Inge G., die ist vom Arbeitsdienst zurück. Sie besucht ihren Vater im Büro über mittag. Dann kommt sie nochmal wieder. Um 5 [Uhr] geht ihr Zug zurück.

½ 1, wir wollen gleich essen. Ich muß ja heut auch meinen Koffer packen Du! Für die Heimfahrt. Ach, dann habe ich wieder Zeit für Dich mein Hubo!

Heute Nacht ist mir der Jung aus dem Bett gerutscht u. ich war selbst immer wach, ich bin es nicht gewöhnt mit Kindern zu schlafen. Heimweh hatte der kleine, er tat mir so leid. Und ich habe ihn ganz lieb getröstet bis er endlich einschlief.

Mein [Roland]! Für heute kann ich Dir nicht mehr schreiben. Es ist keine Andacht Mein Roland! Morgen mehr. Ich habe Dich lieb Du, von ganzem Herzen. Ich denke immer Dein in Liebe, in Treue und in Dankbarkeit Mein Roland! Geliebter mein!

Auf Wiedersehen!

Deine Holde.

Lieber [Roland]! Nun endlich mal Nachricht: Deine Zivilsachen sind schon lange gut und wohlbehalten hier eingetroffen; das soll ich Dir mit herzlichen Grüßen von den Eltern bestellen!! Sie schreiben Dir nun wieder, wenn ich fort bin, sonst haben sie ja alles durch mich erfahren.

Du! Weißt was sie jetzt spielen im Radio?

Mein Herr Marquis!!!

Wie auf Kommando sagen Mutter und ich: Horch, der Großel [sic]!

Gestern abend sang einer das schöne Lied: Du holde Kunst  — ganz still hab  ich gelauscht, mein [Roland]! Ich dachte zurück nach Lichtenhain, wo ich es zum ersten Male hörte. Von Dir gesungen in der Kirche, ganz allein für mich sangst Du, Liebster. Denkst auch Du noch manchmal zurück? Ja, Du auch.

Du fragtest mich ja schon einmal, ob ich noch am die 13 ..... denke! O Du! Du! Wie könnte ich die selige Zeit vergessen? [Siehe Ausschnitt aus dem Brief.]


Es ist so wundersam, so schön zurückzudenken an die Stunden im Märchenschloß zu Lichtenhain. Aber jetzt ruft mich die grausame Wirklichkeit. Du, grausam nenne ich heute alles, was mich stört im Gedenken an Dich, mein Lieb.

Auf Wiedersehen!

Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946