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[OBF-401016-002-01]
Briefkorpus

Mittwoch, am 16. Oktober 1940 in Kamenz.

Herzallerliebster! Du mein geliebter, guter [Roland]!

Gestern setzte die Post aus und heute bekam ich dafür gleich zwei Briefe! Du, wie schön, [Roland]! Ich danke Dir aus ganzem Herzen dafür. Die vielen schönen Bilder von Kiel!, nun schicke mir noch die Bahnhofshalle, die Straßenbilder bis heraus zu Deiner Kaserne und dann brauchst mich garnicht  erst abzuholen, wenn ich zu Besuch komme!

Du, das ist aber schön vom Richter, daß er sein Versprechen hielt. Hätte beinahe an ihm gezweifelt, weil er ein so tüchtiges Mundwerk hatte mir gegenüber; denn die Sorte ist nur zu oft wortbrüchig. Aber ich weiß nicht, ganz wohl ist mir nicht bei dem Gedanken: „wenn dieser Dein Freund würde”. Du würdest nicht zu ihm passen, das habe ich gleich in diesen paar Minuten festgestellt. Er ist hart ausgedrückt ein Lebemann; in Hinsicht „Genuß”, in Hinsicht „Frauen” spüre ich auch. Er ist bestimmt nicht so ganz korrekt als Ehemann, das lasse ich mir nicht ausreden. Wenn [er] auch als Kamerad prima ist. Sieh, nun kommen wir ja auch dem Punkt mit nahe: Wer nicht raucht und nicht trinkt, der ist nur ein halber Mann. Das ist in meinen Augen ebensolche Theorie wie: Wer nicht auch andre Frauen sieht als Soldat, der ist kein rechter Mann. Liegt diese Betrachtung dann nicht ganz nahe, wenn man die Männer mit Absicht auf's Trinken führt? Nein, Du; ich für mein Teil würde auf derartige Leitsätze verzichten, mag sie ausgesprochen haben, wer auch will. Du kennst mich, mein [Roland] und meine Einstellung. Ich kenne Dich.

Und ich fürchte nichts, von jener Seite rein nichts für Dich. Du bist niemals je wortbrüchig gewesen, mein [Roland].

Und Du wirst mir die stumme Bitte von den Augen ablesen, ohne daß ich Dir darum ein Versprechen abnehmen müßte, Du!

Ich weiß es. Ich bin glücklich darum.

Bleibe, wie Du bist, wie Du immer warst, Du!

Bleibe mein [Roland], nur ganz mein [Roland].

Nur so kann ich Dich lieben, lieber aber ohne Ende, Du!

Ich war in Gedanken mit Dir am Sonnabend. Du bist nicht so ganz befriedigt von der Stadt. Wenn Du wirst heimischer, bekannter werden in Kiel, wird Dir schon ein manches Plätzel gefallen, mein [Roland]. Schau Dich nur fleißig um und suche die schönsten aus, wenn ich komme, will ich mich mit Dir freuen. Du! Du! Wie ich schon rede?!

Eben habe ich Deine Wäsche geplättet, Socken gestopft und das Packl [sic] fertig gemacht. Am Fenster in Großmutters Lehnstuhl saß ich und nähte mit so viel Liebe Deine Hemdknöpfe fest und stopfte müde gähnende Sockenlöcher zu. Du, ich tus ja, so gerne für Dich. Mein [Roland]! Viel lieber würde ich ja mal [ei]nen Knopf annähen, wenn Du noch drinnen steckst im Hemdel, Du! Fein, daß Du das Seifenpulver schickst, ich kann es gut gebrauchen; es reicht so immer nicht gut zur großen Wäsche. Das nächste Päckl [sic] schicke aber na[ch] Oberfrohna, am Mittwoch muß ich heim. Unsre Wäsche!!

Herzallerliebster! Du, ich muß Dir noch etwas sagen. Mußt mir aber versprechen, daß Du Dich nicht sorgst, Du! Bitte, bitte!

Ich bin noch immer nicht krank und dabei warte ich schon seit Sonnabend. Du, ich mußte es Dir sagen, [Roland]. Ob wir Angst haben müssen?

Ich muß unbedingt, sagt Mutter[,] noch an die Luft, schon gestern, ich sei so blaß. Bitte, bitte schreibe ja niemanden etwas darüber, an die Eltern, Du ich will nicht! Hörst mich, mein [Roland]? Es ist gleich 5 Uhr ehe die Sonne weg ist möchten wir gehen. Mein [Roland], Du! Mein guter, lieber [Roland]. Behalte mich lieb, Du! Ich habe so, so große Sehnsucht nach Dir! Bitte, Du! Bete auch Du, daß es nicht war [sic] ist, Liebster! Ich liebe Dich! Ich bin nur Dein!

Behüt Dich Gott!

In großer inniger Liebe, in ewiger Treue

Deine Holde.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946