[401014–1‑1]
Montag den 14. Oktober 1940
Mein liebes, teures Herz! Meine liebe [Hilde] Du!
Ein straffer Montag geht zu ende. Bis 5 Uhr Dienst. Gewehrputzen, Rasieren, Stiefelputzen, Tornisterschnallen. Darüber ist es ½ 9 Uhr geworden. Eine große Freude brachte mir dieser Tag noch: 3 Tage Boten auf einmal kamen heute, die vom Donnerstag, Freitag und Sonnabend. Soviel Freude auf einmal nach dem langen Warten. Nun weiß ich doch wieder, wo Du steckst, wohin ich Dir folgen muß. Hab vielen herzlichen Dank, Du, Herzallerliebster! Daß Du mich vergessen hättest, habe ich keinen Augenblick gedacht. Weißt [Du], ich habe heute nicht viel Andacht heute [sic], es ist so unruhig im Zimmer. Aber ich schreibe, so gut ich kann. Morgen wird der K., das ist der Küstenbefehlshaber, ein Admiral, auf einer Inspektionsfahrt unser Lager besichtigen. Da liegt natürlich alles auf dem Sprung. Der ganze Dienstplan für morgen ist umgestoßen und auf diesen Besuch eingestellt.
Herzliebes! Über Deinen lieben Brief aus G. habe ich mich besonders gefreut. Ich würde mich recht freuen, wenn Dich mein Bote gestern erreicht hätte. Du wirst nun selbst einen Eindruck von dieser schönen Gegend erhalten haben. Zur kleinen Landeskrone sind wir auch schon mal gegangen. Der L. Berg aber, den Du dort vor Dir siehst, der hat für mich besondere Bedeutung. Er trägt an seinem Nordhang Laubwald. Zum Bußtag oder Totensonntag im November, am liebsten an einem trüben Sonntag, wann das Laub welkte, fuhr ich nach L. von G. aus und bestieg diesen eigenartigen Berg und trug zu ihm meine Gedanken, meine Sehnsüchte. Abends dann, beim Abstieg, stand er dann schwarz, ein paar Krähen flogen auf: Herbst, den habe ich dort am tiefsten erlebt. Herzliebes! Was Du von Eurer Mädelrunde schreibst, bestätigt ganz meine Empfindungen. Du wirst mir noch etliches davon schreiben. Ich freue mich ganz besonders, daß du empfunden hast, daß Dein Wesen anders ist und daß Du Dich nicht gedrückt und dumm gefühlt hast. Du, mein liebes, verständiges, feinfühliges Weib! Elfriede und Liselotte sind lebhafter, nervöser, sensibler, und dabei kühler, geneigt etwas zu zerreden, dieses Wesen kann ausarten zu einer fruchtlosen Dürre und zu Krampf. Du bist stiller, ruhiger in Dir (Deine Mutter ist es noch mehr), Dein Wesen strahlt Liebe und Wärme und neigt zur Fülle. Meine liebe [Hilde], Du! Du hast, was ich brauche! Bei Dir finde ich eine Heimat! Weißt [Du], was ich mir jetzt wünschte?, was ich schon manchmal tat, und ich war mir doch zuweilen im Zweifel, ob Du es ganz verstandest, es mir ganz nachfühlen konntest: Ganz, ganz leis[e], Du, ganz zärtlich, möchte ich Dich streicheln, Herzliebes! Deine lieben Hände, Dein holdes Antlitz, Dein (mein) Herzlein, Du! und dann ganz, ganz leis[e] meine Lippen an die Deinen führen, daß ich das leise Beben fühle von Dir zu mir, von mir zu Dir, Geliebte! Ich möchte es so gut mit Dir meinen! Ich liebe Dich so sehr!
Weißt [Du], das Gedränge um mich her wird immer bedrohlicher. Herzliebes! Holde! Morgen vielleicht bin ich wieder mehr für mich. Ein paar Bilder kann ich Dir beilegen vom Tage der Vereidigung. Auf dem einen ist Dein Hubo in seiner ganzen Länge zu sehen. Nun trifft Dich mein Bote wieder in K., wo Du wieder mehr für Dich bist und für mich, Du, wo Du im Kämmerlein für Dich schläfst, wo ich Dich besuchen kann, ohne daß es jemand merkt. Bist nun wieder krank, Liebes! Halt Dich fein brav! Schreib mir nur bitte noch, wann Du wieder heimfährst. Behüt Dich Gott! Grüße mir bitte meine Eltern. Du! Ich liebe Dich ganz sehr! Ich liebe Dich aus tiefstem Herzen! Ich liebe nur Dich für alle Zeit! Du, meine liebe [Hilde]! Mein liebes, teures Weib! Geliebte! Holde!
Ich bleibe in Treue Dein Hubo und [Roland]! Und Du bist meine [Hilde]!! Du!