[400924–1‑1]
Den 24. September 1940
Herzallerliebste, meine liebe, liebe [Hilde], Du!
Schon wieder Dienstagabend. 1/2 8 Uhr ist es. Heute abend kommt sicherlich dein lieber Bote noch, auch die beiden Päckchen, die Du ankündigst, stehen noch aus. Heut[e] nachmittag kam endlich Nachricht und Päckchen mit dem Nachthemd von [zu] Hause. Vater schreibt von der Geburtstagsfeier. Tante Gretchen und Onkel M. mit Liesel waren da, von den Kindern keines. Wegen schlechten Wetters sind die Eltern noch nicht abgereist. Bei uns ist [sic] war erst ein einziger Regentag. Es wiederholt sich alles gern. Der gestrige Montag war ein lebhafter Tag wie der vorige. Es ging auch wieder zum Sachenfassen. Immer vollständiger wird der Soldat. Gestern bekamen wir Sportsachen, Tornister mit 2 Decken, Drillichanzug, Schulterstücken [sic] [Ein Schulterstück mit Abzeichen trugen in der Kriegsmarine nicht die Mannschaften, sondern erst höhere Dienstgrade.]. Wir waren gar nicht sonderlich erbaut über diesen neuerlichen Huckepack. Es gibt nur mehr zusammenzuhalten, zu putzen. Aber das [sic] hilft kein Klagen. Amtlich steht nun fest, daß unser Aufenthalt hier um 14 Tage verlängert wird, der Ausbildung mit dem Gewehr wegen. Ich denke ja, daß unser Abrücken in die Schreibstube in dem Augenblick erfolgt, wo der Schlag gegen England einen Menschenschub verursachen wird. Dieser Schlag scheint mehreren Anzeichen nach bevorzustehen.

Zum ersten glaube ich bestimmt, daß er noch vor diesem Winter geführt werden soll. Zum andern macht die Presse bei der Besprechung [Glan Galeazzo] Ciano-[Joachim von] Ribbentrop allerlei Andeutungen von dem Höhepunkt der Auseinandersetzung, an dem wir jetzt angekommen seien.
Es ist 8 Uhr vorbei. In [den] Händen halte ich Deinen lieben Boten, für den ich Dir herzlich danke. Unterdes wirst Du nun erfahren haben, wie ich den Sonntag verlebte. Herzliebes, wie Du mir von [zu] Hause berichtest, das ist mir so lieb und beglückend, das verkürzt uns[e]re trennende Weite. Ich bin so froh und beruhigt, Dich zu Hause zu wissen, nicht das [sic] ich Dir es anders nicht gönnte, aber so finde ich Dich besser mit meinen Gedanken. Daß Ihr Euch etwas gönnt und am Sonntag ausgeflogen seid, freut mich zu hören. Als meine liebe Frau hast Du nun auch gewisse Vollmachten, und wenn Du Herrn K. geschrieben hast, so liegt das durchaus im Bereiche dieser Vollmachten.

Ich denke wie Du, daß wir die Hochzeitsbilder mit einer Widmung versehen, etwa folgenden Wortlauts: zur Erinnerung an uns[e]re H[ochzeit] Eure (Deine) [Hilde] und [Roland Nordhoff]. Diese Widmung kannst Du auch ganz selber schreiben.
Aber nun zu dem wichtigsten, Herzlieb! Ein Geheimnis hast Du! Und das schreibst Du so geheimnisvoll an der heimlichsten Stelle unsrer Briefe? Mein Herz! Herzklopfen krieg ich, wenn ich die Worte lese. Und dies[es] Herzklopfen rührt wohl von der Ungewißheit, die in diesen Worten schwingt. Du, Liebes, eine kleine Andeutung mußt Du mir noch machen! Damit ich weiß, in welcher Richtung diese Freude ausschlagen sol[l,] Herzlieb! Du schreibst, in 3 Wochen oder 4. Du! Du! Muß ich meine Freude mischen mit der Sorge um Dich und — [sic]? Liebste, bitte, bitte, eine Hilfe mußt Du mir noch geben!
Je mehr ich nun denke, desto unruhiger werde ich, Herzlieb! Meine Wangen glühen jetzt. Nun hast Du Deinen [Roland] mit Deinem Geheimnis ganz irre gemacht.
Ach, mein Herz! Was uns beide angeht, und sei es noch so schwer, ich bin gewillt, mit Dir zu gehen und zu stehen, Deine Freude ist meine Freude, Dein Leid ist mein Leid, und Gott ist, aus dessen Händen wir beides demütig und vertrauend empfangen wollen. Um meine Freude, Herzlieb, sei also unbesorgt. Behüte Dich Gott, Herzallerliebste, Du!
Ich bin Dir für alle Zeit in Liebe und Treue fest verbunden, Du, wie, ich Dich liebe! Heute und immer