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[OBF-400913-002-01]
Briefkorpus

Am Freitag, dem 13. September 1940.

Herzallerliebster! Mein lieber, guter [Roland]!

Dein lieber Bote kam heute bei mir an. Ich danke Dir schön, Liebster! Am Dienstag habt Ihr so tüchtig ran gemußt; da gab's ja keine Minute Langeweile, Deinem Berichte nach. Und der Herr Schulmeister a. D. hatte sogar ein wenig Unterricht mit dem Herrn Regierungsrat. Daß Euer Uffz. so nett ist, freut mich; die meisten jungen Ausbilder wollen den Neulingen etwas vormachen und benehmen sich nur zu oft weniger angenehm. Ich glaube, das ewige Einerlei ist Euch bald zum Überdruß nun? Und grüßen, was bei Euch Soldaten die Hauptsache mit ist, werdet Ihr doch nun auch können?

Das viele Impfen gefällt mir nicht, nimm Dich nur gut in acht, es wirkt sich erst nach 9 Tagen aus und man bekommt dann meist ein wenig Fieber! Mit einer Ausrüstung für den Sport, wie steht es da? Brauchst Du etwas, Deinen Trainingsanzug? Schuhe? Die sind wohl verrückt, Euch bei dieser Kälte im Hemd und barfuß dazu losrennen zu lassen! Ist denn der Anführer auch mit so [sic] gegangen?, dem hätte ich ja sein Hemd noch v[ol]lends runter gezogen [sic], Du! Ich friere ja schon so sehr. Gestern hatten wir 8° Kälte. Ich wurde nicht warm im Bett und habe mir zum ersten Mal die Wärmflasche geholt, Liebster!! Heute früh, es war noch ganz finster, wachte ich auf und siehe da, ich hatte das kalte Ding liebreich im Arme — wie immer! Morgen und am Sonntag wollen Mama und ich tüchtig über die Pulloverärmel hergehen, es wird nun immer kälter. Habe schon gestern angefangen mit Reinemachen, jetzt bin ich ganz fertig, auch schon mit Baden — es ist ½ 5 Uhr.

Du sollst noch etwas hören von mir heute, vielleicht erreicht er Dich auch am Sonntag, wie mein süßer Sonntagsgruß Dich hoffentlich auch pünktlich erreichen wird. Den habe ich ja schon gestern früh auf Fahrt gegeben. Der Herr Hoppe, der bei uns am Paketschalter sitzt, das ist ein richtiger Dussel. Er will stets nichts annehmen, wenns über 1 kilo [sic] wiegt. Nun habe ich ihm erklärt, was Du mir so klar in Deinem Briefe über die Paketversendung schriebst. Das ginge ihn nichts an, seine Bestimmung hieße Anschriften mit Feldpostnummern dürften nicht mehr wiegen, wenn auch der Bestimmungsort mit drauf stünde. Das sagte er mir so ruppig, daß ich mich ganz höflich bedankte für den Bescheid und ihn stehen ließ mit den Worten, daß ich mich jetzt drüben beim Amt Chef erkundigen würde. Er hörte sich den Fall an u. sagte, wenn [ich] den Bestimmungsort wüßte u. das wäre dort Abholpost, soll ich es nur so schicken — mit regelrechtem Porto — aber auf meine Verantwortung. Ich meinte, die anderen Kameraden erhielten doch ihre Pakete ebenso, in Kiel. Na ja, es ist schon gut; es könnte nur sein, daß sie das Paket von dort zurückgehen lassen, eben weil die Feldpostnummer drauf ist. Einen großen Vogel haben die alle zusammen u. wenn der H. beim nächsten Mal wieder muckst, nehme ich mein Paket und brings [sic] nach Limbach. Punktum. — Sag, ist bei Dir dort ein gewisser Herr Fritz K. u. Walter U., beide aus Oberfrohna, sind am 26. August mit nach Stralsund gefahren. Ich kenne sie beide u. auch ihre Frauen.

— Die Flieger ließen uns Ruhe. Ich hab' Angst um Dich, Ihr geht wohl nicht in den Keller? Du! Sei nur vorsichtig! So viel Scheinwerfer sind abends am Himmel, man könnte stundenlang zusehen. Gestern redete Oberfrohna von Vorschlägen, die Duff Cooper machte in Sachen "Friedensangebot"! Sie haben's mal wieder läuten hören! Aber ich denke, — allen Ernstes — lange können die drüben nicht mehr mit.

Das Geburtstagspaket ist nach Kamenz heute früh mit einem Brief u. Wünschen von uns beiden! 12 Zigarren, gute, hab ich erwischt! Nun mein Lieb, einen frohen Sonntag! Behüt Dich Gott! Sei froh u. bleib gesund! Es gedenkt Deiner in großer Liebe, in noch größerer Sehnsucht Deine

treue [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946