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[OBF-400913-001-02]
Briefkorpus

1 [siehe Abbildung]

Freitag am 13. September 1940

Herzallerliebste! Du meine liebe, liebe [Hilde]!

Von heut' an will ich meine Briefe nun doch nummerieren, damit Du weißt, daß keine Lücke ist in unsrer Korrespondenz. Aus Deinem lieben Brief vom 10.8., den ich heute Donnerstag erhielt, werde ich nämlich nicht ganz klar. Dein Päckchen und Deinen dicken Brief habe ich erhalten, und habe mich gleich hingesetzt, Dir meinen großen Dank zu sagen. Es täte mir leid, wenn dieser Brief verloren wäre. Aber möglich ist das. Vielleicht hältst auch Du es so mit Deinen Briefen.

Hier möchte ich gleich noch eine Bitte anfügen: Hamstere mir doch etwas Briefpapier, auch Umschläge dazu, meines wird knapp. Bei Eisenleben kaufe mir bitte eine Packung Rasierklingen, Rotbart extra Dünn, 10er oder 5er- Packung, das ist gleich.

Daß Du nun wieder zu Hause bist, freut auch mich. Nun finde ich Dich wieder in den vertrauten Räumen, Du weißt, wie sie mir lieb geworden sind, finde Dich in Deinem Kämmerlein, Du! Herzliebes! Der Mond ist wieder aufgezogen am Himmel, ihm kann ich wohl schnell einmal einen Gruß auftragen.

Manchmal ist mir, als wären wir nun immer noch Brautleute, die ihre Ungeduld und Sehnsucht in Fesseln schlagen müssen. Ob ich wohl möchte, daß Du mich hier einmal besuchst? Du, das bedarf wohl keiner Frage! Ich würde mich nur ein wenig um die Reise sorgen. Wir wollen es nur geduldig abwarten, Herzliebes! In 4 Wochen möchte sich manches ändern.

Unser Leben hier nimmt planmäßig seinen Fortgang. In unseren Dienst ist jetzt das Hinlegen hereingenommen worden. Gestern gab es Löhnung, 25 ℛℳ, ich habe hier keine Gelegenheit, etwas zu vertun, Du brauchst mir also jetzt gar nichts zu schicken. Am Dienstagabend wurde unser Johann ins Lazarett gebracht. Er hat sich überanstrengt, einen Hodenbruch zugezogen, der sofort operiert werden mußte. Er hat die Operation gut überstanden. Im Kompaniechefunterricht gestern wurde uns Soldaten nahegelegt, die soldatischen Tugenden und Anschauungen über Ehre, Treue und Pflichtbewußtsein auch in der Freizeit zu bewähren, zumal Frauen und Mädchen gegenüber. Heute erläuterte der Arzt, welcher Schutzmaßnahme der Soldat sich [zu] unterziehen hat, wenn er mit einem Mädchen verkehrt ist [sic]. Der eine kommandiert die Augen links, der andre erklärt, wie das ist, wenn man trotzdem die Augen rechts dreht. Ganz unbeirrbar und fest ist mein Empfinden in diesen Dingen, unwandelbar ist meine Liebe und Treue zu Dir, Herzliebes, sie würden auch nur den Gedanken an einen Abweg siegreich in die Flucht schlagen.

Herzallerliebste! Gott behüte Dich und wache über unseren Wegen. Er erhalte Dich froh und gesund. Diesen Brief wirst Du zum Sonntag erhalten. Verlebe ihn mit den lieben Eltern recht froh und gemütlich! Wir werden wieder ausgeführt. Man spricht davon, das Bergfest zu feiern, Bergfest, weil wir mit unsrer Rekrutenzeit über den Berg sind. Das ist vielleicht doch ein froher Anlaß.

Ich habe Dich von ganzem Herzen lieb und bleibe immer Dein [Roland]. Ich küße Dich, Du, und halte Dich ganz fest, Du! Du!

Bitte grüße die lieben Eltern!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946