Müde sind wir heute alle! Das war ein bunter Tag heute. Es begann planmäßig mit dem Gruppenunterricht.
Wehrmachtsoldaten bei der Ausbildung, Herbst 1939, Fotograf Heinz Rutkowski, Sammlung Propagandakompanien der Wehrmacht. DBa, Bild 101I-001‑0283-02 / Rutkowski, Heinz / CC-BY-SA 3.0, Über Wikimedia Commons, 09.2015.Den hält unser Unteroffizier, Feuerwerksmaat D., er hat sich auf dem [sic] Sonntagsgruß unterschrieben [sic: wohl verschrieben]. Ein schneidiger, zackiger Kerl, ich schätze ihn 22 Jahre, im Zivilberuf ist er Feinmechaniker, mit Mittelschulbildung, er ist aus der HJhervorgegangenen, mit Eifer ist er Soldat, bald wird er zum Feldwebel aufrücken. Er hat eine ganz gediegene Bildung, großes Geschick zu erklären, und ein Übel an der Wurzel zu packen. Ich halte ihn für den besten Ausbilder. Er ist mit uns äußerst anständig, übt langsam, aber gründlich[.] In seinem Unterricht dreht es sich um das langatmige Thema Ehrenbezeugungen. Vater wird Dir bestätigen.Nach dem Unterricht ging es zum Infanteriedienst, Grundstellung (= Stillgestanden), Wendungen. Bald wurde er unterbrochen. Im Hofe wurde[n] Tische und Bänke aufgestellt. Ein Regierungsrat erschien und veranstaltete mit der ganzen Belegschaft eine Prüfung: Rechnen, Aufsatz, eine Meldung abfassen. Danach weggetreten zum Impfen, das zweite Mal schon innerhalb 4 Tagen. Ich habe keine Beschwerden damit. Am Nachmittag begann es mit Sport. Dazu haben nun die meisten gar nicht die richtige Ausrüstung, vom Militär ist sie uns bis {viele herzliche Grüße den lieben Eltern!!} jetzt auch nicht gestellt worden. Die letzten beiden Male sind wir barfuß und im Hemd losgegangen. Heute, es war ein wenig kälter, haben wir Handball gespielt in Stiefeln, das war ein Totmacher. Beim Sport werden immer 2 Abteilungen gebildet, die eine Gruppe spielt Handball, zu der melde ich mich, das ist nicht so langweilig.
Deutsche Soldaten am Strand, möglicherweise eine Sport- oder Badeübung. Royan, Frankreich, 29. Juni 1940. Fotograf Schmidt. Bundesarchiv, Bild 146‑1985-039–04 / Schmidt / CC-BY-SA 3.0, Über Wikimedia Commons, 09.2015.Nach dem Sport noch 2 Stunden Infanteriedienst. Das kam uns sauer an. Die letzte Stunde Hinlegen vorgeübt in langsamem Tempo. Nach dem Dienst erhielt ich Deinen lieben Grüß[‘] von 7.9. Zum Sonntag konnte er mich natürlich nicht erreichen. Ich entnehme ihm, daß Du nun gestern nach Hause zurückgereist bist. Mit dem Engländer geht es nun hart auf hart. Sind gut auf der Hut. Vorgestern und gestern überflogen einzelne Flieger unsere Gegend. Die Flak ballerte. Die meisten bleiben trotzdem im tiefsten Schlafe. Heute habe ich ein Wäschepaket abgeschickt. Pakete gehen fast 8 Tage, Päckchen gehen mit den Briefen. Ich hatte nicht Zeit, ein paar Zeilen beizulegen.
Nun weiß ich Dich wieder im elterlichen Hafen.
Wenn kein Sonderdienst ist, ergehe [sic] ich mich zwischen 1/2 8 und 1/2 9 Uhr abends auf uns[e]rer Exerzierwiese, atme den Abendfrieden und denke Deiner, Herzallerliebste, Du! Dann bin ich ganz für mich, die anderen lenken ihre Schritte zur Kantine. Also, man kann auch in der Kaserne für sich sein.
Herzliebes, behüt[e] Dich Gott!! Sei froh und gewiß, daß Dir meine ganze Liebe gehört, immer und ganz.
Ich liebe Dich von ganzem Herzen, Du meine Liebe [Hilde]!