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[OBF-400910-001-01]
Briefkorpus

Dienstag am 10. September 1940

Herzallerliebste, meine liebe, liebe [Hilde]!

Müde sind wir heute alle! Das war ein bunter Tag heute. Es begann planmäßig mit dem Gruppenunterricht. Den hält unser Unteroffizier, Feuerwerksmaat D., er hat sich auf dem [sic] Sonntagsgruß unterschrieben [sic: wohl verschrieben]. Ein schneidiger, zackiger Kerl, ich schätze ihn 22 Jahre, im Zivilberuf ist er Feinmechaniker, mit Mittelschulbildung, er ist aus der HJ hervorgegangenen, mit Eifer ist er Soldat, bald wird er zum Feldwebel aufrücken. Er hat eine ganz gediegene Bildung, großes Geschick zu erklären, und ein Übel an der Wurzel zu packen. Ich halte ihn für den besten Ausbilder. Er ist mit uns äußerst anständig, übt langsam, aber gründlich[.] In seinem Unterricht dreht es sich um das langatmige Thema Ehrenbezeugungen. Vater wird Dir bestätigen.Nach dem Unterricht ging es zum Infanteriedienst, Grundstellung (= Stillgestanden), Wendungen. Bald wurde er unterbrochen. Im Hofe wurde[n] Tische und Bänke aufgestellt. Ein Regierungsrat erschien und veranstaltete mit der ganzen Belegschaft eine Prüfung: Rechnen, Aufsatz, eine Meldung abfassen. Danach weggetreten zum Impfen, das zweite Mal schon innerhalb 4 Tagen. Ich habe keine Beschwerden damit. Am Nachmittag begann es mit Sport. Dazu haben nun die meisten gar nicht die richtige Ausrüstung, vom Militär ist sie uns bis [*] jetzt auch nicht gestellt worden. Die letzten beiden Male sind wir barfuß und im Hemd losgegangen. Heute, es war ein wenig kälter, haben wir Handball gespielt in Stiefeln, das war ein Totmacher. Beim Sport werden immer 2 Abteilungen gebildet, die eine Gruppe spielt Handball, zu der melde ich mich, das ist nicht so langweilig.

Nach dem Sport noch 2 Stunden Infanteriedienst. Das kam uns sauer an. Die letzte Stunde Hinlegen vorgeübt in langsamem Tempo. Nach dem Dienst erhielt ich Deinen lieben Gruß von 7.9. Zum Sonntag konnte er mich natürlich nicht erreichen. Ich entnehme ihm, daß Du nun gestern nach Hause zurückgereist bist. Mit dem Engländer geht es nun hart auf hart. Sind gut auf der Hut. Vorgestern und gestern überflogen einzelne Flieger unsere Gegend. Die Flak ballerte. Die meisten bleiben trotzdem im tiefsten Schlafe. Heute habe ich ein Wäschepaket abgeschickt. Pakete gehen fast 8 Tage, Päckchen gehen mit den Briefen. Ich hatte nicht Zeit, ein paar Zeilen beizulegen.

Nun weiß ich Dich wieder im elterlichen Hafen.

Wenn kein Sonderdienst ist, ergehe [sic] ich mich zwischen 1/2 8 und 1/2 9 Uhr abends auf unsrer Exerzierwiese, atme den Abendfrieden und denke Deiner, Herzallerliebste, Du! Dann bin ich ganz für mich, die anderen lenken ihre Schritte zur Kantine. Also, man kann auch in der Kaserne für sich sein.

Herzliebes, behüt Dich Gott!! Sei froh und gewiß, daß Dir meine ganze Liebe gehört, immer und ganz.

Ich liebe Dich von ganzem Herzen, Du meine Liebe [Hilde]!

Dein [Roland].

 

[*= hier an das Seitenende gequetscht: viele herzliche Grüße den lieben Eltern!!]

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Ba-OBF K02.Pf1_.400910-002-01b.jpg Ausschnitt aus dem Brief.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946