Verteilen von Feldpost auf einem Vorpostenboot der Marine, 1939, Fotograf Mendel, Propagandakompanien der Wehrmacht, DBa, Bild 101II-MN-1589–07 / Mendel / CC-BY-SA 3.0, über Wikimedia Commons, 09.2015Dein Päckchen kam heute, ganz unversehrt die Ladung, mit seiner kostbaren Ladung, Du Liebes, herzen und küssen möchte ich Dich darum. Als ich am Donnerstag noch doch etwas ungeduldig noch meiner Post fragte, äußerte ein Kamerad, daß “sie” wohl nicht schreiben werde. Ich berichtigte ihn nicht ohne Stolz und sagte, aller [sic] 2 Tage einen Brief, so ist es ausgemacht, es muß nun schon ein ganz dicker Brief geworden sein. Als nun gestern Deine ersten Briefe in meine Hände gelangten, meinte er triumphierend, es sei doch nur ein dünner Brief, und ich konnte ihn zunächst eines Besseren [^]nicht belehren. Aber heute habe nun ich triumphiert. Ich war doch ganz gewiß, daß der dicke Brief noch ausstünde. Dieser Brief, Du Liebes, Herziges, der mich nun den Anschluß an das verlassene Leben, die verlassene Heimat wiederfinden läßt, an das so jäh abgebrochene Leben. Nun sehe ich all die Tage sich in Deiner Seele widerspiegeln und erkenne darin mein Bild, Herzliebes, das Du so treu bewahrst, wie ich das Deine. Sei tausendmal bedankt, Du, mein liebes Weib! Ein Bild möchtest Du von mir, Herzlieb. Das hat seine Schwierigkeiten. Ein Kamerad mit einer Kamera ist wohl vorhanden. Er hat uns[e]re Gruppe auf der Exerzierwiese schon geknipst. Ich will ihn um seinen Dienst bitten.
Viele Soldaten waren stolze Besitzer eines Fotoaparates, wie hier ein Soldat in Frankreich, 1944, Fotograf der Propagandakompanien der Wehrmacht Fallschirmjäger mit Leica Fotoapparat. Über Wikimedia Commons, DBa, Bild 101I-582‑2120-02A / CC-BY-SA 3.0, 09.2015.Aber nun fürchte ich ein and[e]res: ob ich das rechte Gesicht aufsetzen werde? Weißt, ich fürchte, das Gesicht wird etwas hart ausfallen. Das Soldatische, Zackige, auf das sie uns jetzt abrichten, verhärtet auch das Gesicht, bei dem zackigen Linksumkehrt [sic: Linksum kehrt] verhärtet sich auch das Gesicht, und es ist, als ob es dann auch leichter ginge. Aber ich will mir Mühe geben. Kommt hinzu, daß Exerzieren und Sport (dreimal wöchentlich 1 Stunde, Körperschule und Handball) ganz schön anstrengen. Ich glaube, ein wenig hagerer bin ich schon im Gesicht.
Die Anteilnahme Deiner lieben Verwandten und gar unseres treuen Postboten an unserem Geschick und Glück ist rührend und erhebend zugleich. Ist es den Menschen doch nicht entgangen, daß wir zwei Glückskinder sind, Du, an deren Glückssonne sie sich mitfreuen und erwärmen. Allen den Bekannten und Verwandten schreibe ich, wenn ich richtig eingerichtet bin. Mit denen Du in Berührung kommst, die grüße bitte von mir. Du teilst mir mit, was Herr S. geschrieben hat. 10% ziehen sie uns ab, das sind also nur 20 RM [sic: Reichsmark], desto besser. Wie ich schlafe? Wir liegen in Feldbetten, drei übereinander, durch das Umgruppieren bin ich glücklicher Besitzer eines unteren Bettes gleich an der Tür geworden. Auf federnden Stahlrahmen liegen Matratzen. Wir erhielten ein Bettug [sic: Bezug], ein[^]en Kopfkissenüberzug, einen blauweißen Überzug für eine Decke und dazu eine zweite Decke, wunderschöne Decken, darunter liegt es sich warm, sehr warm sogar. Also, mit dem Lager bin ich sehr zufrieden. Soviel ich ausmachen kann, liege ich mit dem Gesicht nach Norden, also Dir gegenüber.
Herzliebes, Du mußt nun härter empfinden, daß wir uns trennen mußten. Für mich ist es ein hartes Muß, dem ich nicht ausweichen kann, und von dem ich unmittelbar betroffen werde. Du aber kannst denken, daß es doch auch anders sein könnte. Aber ich bin froh, daß Du auch selbst schon den rechten Trost findest: Es soll so sein und es ist gut so, wie es kommt. Wir dürfen fest hoffen, daß wir unserem Glück des Zusammenseins entgegenleben, das doch erst recht vollkommen wird, wenn wir auch uns[e]re Lieben, ich denke an die Brüder, seiner teilhaftig wissen. Nun ist es beinah wieder wie in der Brautzeit, manchmal kommt es mir richtig wunderlich vor, daß Du doch schon meine liebe Frau bist — Dornröschen bist Du wieder in Deinem Schloß, das auf seinen Prinzen wartet. Er käme gleich, Du, wenn er könnte, er käme auch gewandert. Er wird nicht ruhen, bis er nicht wieder bei Dir ist, Herzallerliebste Du!
Um den durchreisenden Soldaten die Absendung ihrer Feldpost zu erleichtern, hat der Wehrmachtsbetreuungsdienst eines Wehrkreises [W.K. III] auf den Bahnsteigen eines Bahnhofes [in Cottbus] eine fahrbare Feldpostannahme in Dienst gestellt. Auf einem doppelseitigen Schreibpult können die Soldaten Grüsse an ihre Angehörigen richten. Feldpostkarten, Briefbogen und Umschläge sind bei den DRK-Helferinnen erhältlich. 18. Mai 1944 [Herausgabdatum], Scherl-Bilderdienst. Fotograf Schwahn. DBa, Bild 183-J10080A / Schwahn / CC-BY-SA, über Wikimedia Commons, 09.2015.Sonntag ist. Seit gestern ist der Himmel verhängt. Die Nacht über hat es ein wenig geregnet. Sonntags wird um 7 Uhr aufgestanden. Seit 5 Uhr bin ich wach und habe meine Gedanken zu Dir geschickt. Nach dem Frühstück mußten wir Kartoffeln schälen, 20 Mann fast 2 Stunden lang. Dann war das Mittagessen fast heran. Schweinskotelett, Rotkraut und Kartoffeln, vorher eine Ochsenschwanzsuppe. Es hat geschmeckt. Und nun, gegen 2 Uhr, ist die Post gekommen. Die Post, das ist der Mittelpunkt aller Kameraden in der Freizeit. Morgens ½ 12 Uhr geht sie ab nach der Feldpostleitstelle Kiel-Friedrichsort. Die ankommende Post wird von dort bei Gelegenheit, also oft mehrere Male am Tage, mitgebracht, normalerweise wird sie nach dem Dienst, gegen 6 Uhr abends, verteilt. Sie läuft nun zu meiner größten Freude ziemlich regelmäßig. Wer [sic: wohl wenn] mir auf dem Tisch liegt Dein lieber Sonntagsgruß mit der Süßigkeit, die mir lieber ist als alles and[e]re auf der Welt.
Heute sollen wir zum ersten Male ausgeführt werden, viel verlockende Ziele gibt es hier nicht, das einzige in der Nähe ist der Badeort Strande, nach dem wir schon am Dienstag marschiert sind. Es r Nun sind wir wieder zurück. Es war doch ein Schimmer der Freiheit, der uns jenseits des Kasernenzaunes winkte. Gegen 3 Uhr sind wir ausgerückt, gegen 8 Uhr kehrten wir zurück. Es wurde wacker gezecht. Ich bin nach 2 Schoppen Weißwein am Strande entlang geschlendert [und] habe nach Muscheln ausgeschaut für Dich, Herzliebes!
[Du] Wirst nun nach Hause zurückgekehrt sein. Werdet Ihr kommenden Sonntag nach K. fahren?
Am Sonntag geht die Post nicht weg. Du wirst diesen Brief also erst am Mittwoch erhalten. Möchte er Dich gesund und wohlauf antreffen.
Meine liebe [Hilde], ich liebe Dich allein über alles in der Welt! Ich herze und küsse Dich, ich halte Dich ganz fest und