
Am Freitag den 6. September
Am Sonnabend den 7. September 1940
Herzallerliebste, meine liebe liebe [Hilde]!
Heute erlebte ich die große Freude, deinen lieben Boten zu empfangen, gleich 2 Briefe an einem Tage, den vom 4. September zuerst, den vom 3. September am Nachmittag. Liebste, so schnell geht die Post, ist das nicht schön? Von Hause [sic: Zuhause] habe ich noch keine Nachricht, auch nicht darüber, ob meine Zivilsachen angekommen sind. Die blauen, englischen Hosen kriegten in Berlin ein Loch im Knie, in Stralsund ein größeres im Gesäß, das britische Ansehen wird eben löcherig in jeder Beziehung. Dein heikles Päckchen ist noch nicht angekommen. Was Ihr da wieder in liebreicher Fürsorge ergattert habt, ich rate auf eine Hausjacke, die schickt Ihr mir aber keineswegs heraus, die wäre zu gut für das Militär.

Da ich gleich beim Geschäftlichen bin: die Reichslotterie ist gezogen worden, vergiß bitte nicht nachzusehen. Hast Du denn Schwierigkeiten gehabt bei der Rückgabe meiner Marken? Ein Kamerad berichtet davon, daß seine Frau ganz ungebührlich angesackt [?] worden ist. Er wird sich beschweren. Nun etwas von unserem Küchenzettel.
Montag: Nudeln mit Tomatensoße dazu eine Gewürzgurke/
Dienstag: Erbsen, äußerst wohlschmeckend.
Mittwoch: Wiener Hackbraten mit Kartoffeln
Donnerstag: Welschkraut
Freitag: Kaltschale, Schwein[e]braten, Kartoffeln, Möhrengemüse

Diese Speisen sind alle reichlich und schmackhaft. Nur der Speisesaal ist sehr eng und deshalb verbieten sich gute Umgangsformen beim Essen. Zum Abendbrot, das auf der Stube eingenommen wird, gibt es reichlich Wurst, oder Vollfetthartkäse, oder heute Fischkonserven, und Pudding, dazu Butter oder Fett. Zum Frühstück gibt es Marmelade. Dazu gibt es manchmal kleine Leckereien wie in der vergangenen Woche 1 Zitrone, oder eine kleine Dose Kaffeesahne, oder Sonnabends für die ganze Stube eine Flasche Rum, Seemannsart. Ist das nicht allerhand? In Marken ungerechnet ist das weit über die Zivilration. Etwas anderes: von den Kameraden erfahre ich eben, daß Du an mich Pakete in jedem Gewicht abschicken kannst. Du mußt dann richtig bezahlen, darfst nicht Feldpost draufschreiben [sic] und versiehst die Karte und die Adresse mit dem Vermerk “Kleidungsstücke.” Obwohl wir hier eine Feldpostnummer haben, zählen wir doch als Garnison. Ich werde Dir nächstens meine Wäsche schicken. Es ist nicht viel. Heute weiß ich Dich also in C. und bin beruhigt über die Angaben, die Du dazu machst. Heute, Freitagabend, empfing ich auch Post von Hause [sic: Zuhause], von Vater, der augenblicklich Strohwitwer [ist] und von Mutter, die in G. weilt. Die Engländer haben sich letzthin sogar bis in die Gegend von K. gefunden. Verflossene Nacht rumpelten etliche über unsere Gegend hinweg. Flakfeuer weckte uns aus den Schlafe, aber alarmiert wurden wir deshalb nicht. Es wäre ein böses Schicksal, und ein großer Zufall, wenn sie uns hier erkennten und bombardierten. Die Engländer wollen nach Kiel, wollen die Werften und Schiffe treffen. Das ist ihnen bisher nicht gelungen.

Herzallerliebste! Sei auch Du gewiß, daß ich Dich von ganzem Herzen liebhabe und Dich halte mit allen Fasern meiner Sinne. Behüt [sic] Dich Gott! Bitte grüße die lieben Eltern!
Ich liebe Dich, Du! und bleibe immer,