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[OBF-400424-002-01]
Briefkorpus

Oberfrohna, am 24. April 1940.
Am Montag.

Herzallerliebster! Du, mein [Roland]!

Zu meinem Kämmerlein bin ich wieder, in meinem Bettlein schlafe ich wieder, Du! Ich sehe Dich auf zwei Bildern neben mir auf dem Nachttisch stehen. Du siehst her zu mir. Du! Wie ich Dich liebe!

Ich kann es ja nicht aussprechen, Geliebter!

Du hast mich so sehr beglückt an meinem Geburtstage  — und mit deinem Besuch!

Wie kann ich es Dir nur danken, Du?

Hast Du aus meinen Augen ein wenig meine Dankbarkeit lesen können? Hast Du gefühlt, wie ich Dich liebe?

[I]ch bin so übervoll von Glück, daß mir fast das Herz überlaufen will — und doch finde ich keine Worte, die alles, alles ausdrücken sollen — ich bin stumm, so groß ist das Glück. Du! Wenn Du bei mir bist, wenn ich Dein gutes, großes Herz so ruhig schlagen höre, wenn ich Deine Nähe spüre, Herzallerliebster!, dann versinkt alles um mich her. Dann will ich mich selbst ganz versenken in Dich mit allen meinen Gedanken. Du! Ich bin ganz Dein! Ich gehöre ganz Dir! Du liebster Mensch, den ich mir denken kann, dem ich mein Herz schenken will immer auf's Neue.

Und der Frühling macht ja unsere Seligkeit erst vollkommen, Du, Spürst Du das auch? Wie glücklich sind wir, weil wir leben dürfen, gesund und jung, und gläubig im Vertrauen auf den, der uns dieses Glück schenkte und der es uns erhalten wird. Du, wir wollen es dankbaren Herzens immer wieder empfinden und schätzen.

Ich bin so sehr froh heute, Liebster! Ich habe nur helle Gedanken und die umfliegen mich wie bunte Sommervögel.

Ach, daß Du mein bist! Du! O, Du!

Denkst auch Du noch an unseren Mondscheinspaziergang, allein zu zweien, an den stillen, dunkelen Wald, der uns schü[tz]te?

Du bist die Sonne — ich bin die Erde, daran muß ich nun denken. Du! Ich brauche Dich! Ich kann nicht sein ohne Dich! Wie lange schon scheint es zurück zu liegen, daß ich das schon tief drinnen in meinem Herzen empfand? Und wer allein schenkte mir die Kraft, daß ich mich hindurch rang in meiner Herzensnot, mich Dir anzuvertrauen, als Gott? Auf ihn kommen wir immer wieder zurück — er allein soll der festgefügte Grund sein, auf den wir unser Lebensglück aufbauen dürfen ohne Zagen.

Wie wunderbar führte unser Weg durch die verworrenen Gassen dieser großen, weiten Welt.

Nun bist Du mein! Ich bin Dein!

Du! Das erfüllt mich mit ungekannter Seligkeit — es ist das, was ich das Leben heiße, das frohe, sonnige Leben. Du schenkst es mir, Du tust es mir  auf und in so reichem Maße, mit Deiner Liebe, die mich so ganz erfüllt.

Du! Ich will jetzt schlafen, ich bin noch so müde von unserem vergangenen Glück!

Ich denke voll Sehnsucht an Dich — so lind ist der Abend, die Sterne halten Wacht; Du siehst dieselben Sterne, stehst Du am Fenster

in Deinem einsamen Kämmerlein.

Und über alle Sehnsucht, über alle Ferne geht unbeirrbar das große Rad der Zeit und bald Liebster, bald ist der Tag, da wir uns wiedersehen!

Ich denke voll inniger Liebe Dein!

Ich bleibe immer Deine [Hilde].

Herzallerliebster, Du! Heute empfing ich Deine liebe Nachricht ich wußte es – ¾ 9 hielt ich Deine Karte in Händen und mit ihr noch 3 andere. Einen Glückwunsch von Elfriede, die ich Dir beilege und eine an Deinen Herrn Papa gerichtet, vom Onkel Erich. Er teilt ihm eine gute Zugverbindung mit, sie kam zu spät. Ich schicke sie heute in Mutters Brief mit nach Kamenz, ich schrieb ihr eben. Als wir Dich am Sonntag zur Bahn gebracht hatten, liefen wir noch ein wenig durch den Ort und waren auf ½ Stündchen in Jahnhaus. O.s u. H.s waren da; mir gefällt es nicht in solch verräucherter Gaststube, die Männer hatten Appetit nach Bier! Wir saßen noch eine Weile plaudernd [^]daheim beim Dämmerlicht, um 10 Uhr sind wir ins Bett. Am Montag früh in meiner Pause hab ich Vater Lebwohl gesagt, Du! Er hat mich nochmal tüchtig gedrückt! Ich denke, daß er heute Heim fährt. Es war wieder schön, ich denke gerne an die Stunden zurück, die Ihr beide unter uns weilen konntet.

Gestern war Ilse Sch. bei mir — wie könnten froh sein, daß wir nicht dabei gewesen wären  — ein Skandal war los mit der V., N. u. F. total betrunken. Herr H. unbegreifliche Szenen mit der V. im Beisein seiner Frau. Sie hätte sich so empört gegen Ilse u. geschämt für ihren Mann. Am Donnerstag wollen sie alle tüchtig schimpfen, es könne nicht so weiter gehn [sic]! Ich war selber mit aufgeregt über diese Zustände, wo wird das noch enden? Nun kann ich in den kommenden Tagen nur Deiner denken! Viel Arbeit wartet auf mich, Donnerstag: Waschfest alle Fensterwäsche runter. Bitte, bitte komm am 1. Mai zu mir, ich will nach Deiner Ferien mit nach Schmilka fahren, Du! Nach der neuer Tarifordnung bekomme ich 6 Tage Ferien!! Bleibe gesund! Liebster! Behüt Dich Gott! Meine Gedanken sind immer bei Dir ! Ich warte auf Dich, Du! Ich liebe dich von ganzem Herzen! Du, mein Glück!  Immer

Deine [Unklar] [Hilde]

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946