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[OBF-400131-002-01]
Briefkorpus

Oberfrohna, am 31. Januar 1940

Herzallerliebster, mein lieber, lieber, [Roland], Du!

Du hast mir ja heute so große Freude bereitet, mit Deinem so lieben Brief! Es kam mir ganz unerwartet, und ich bin so froh und glücklich über das, was Du mir schreibst. Du, ich danke Dir!

Damit Du, Lieber ganz ohne Sorge sein sollst, will ich Dir gleich heute noch ein Zeichen geben.

Ich habe dir doch wohl nicht recht dummes Zeug geschrieben am Sonntag?, ich muß ein wenig Fieber gehabt haben — das fühlte ich erst am andern Tag deutlich, als ich wieder ganz klar war im Kopfe — ich war so ruhelos und durcheinander und ich hätte können kein Auge zu tun, wenn ich nicht den Brief an Dich fertig geschrieben haben würde. Am Montagmorgen war ich zwar noch matt, doch frei im Kopf — ich bin immer in's Geschäft gegangen, nichts ist mir verhaßter, als die Lauferei zur Krankenkasse und gerade jetzt zum Arzt. Man darf sich auch nicht gleich werfen lassen; glaubst Du, daß ich durch das Liegen erst ganz benommen werde? Und mir war in der Hauptsache darum zu tun, daß Mutter nischt merkt. Sie hat immer gleich doppelt Angst um mich und ich halt nun mal nicht gerne stille.

Nun, mein Lieb, sollst Du wissen, daß ich soweit wieder ganz kerngesund und munter bin. Das einzige noch: ein bissel Husten und — das sagen die andern — sehr blaß; na, das wird auch wieder, darf nur jemand mal etwas Dummes sagen, schon bin ich ganz rot! Du weißt ja nicht, wie viel Kraft und Energie das beglückende Bewußtsein verleiht: Ein geliebter Mensch denkt deiner, er bangt um dich und er hofft so sehr, daß er dir beim Wiedersehen froh in die Augen sehen darf, froh, daß du gesund bist. Ach Du! Ich kann doch so stark sein für Dich.

Du betest für mich. Liebster! Ich danke Dir.

Eines ließ mich dann auch meine Anfälligkeit ganz vergessen. Gerstern mittag ist Mutter auf dem Weg nach Hause gestürzt. Infolge Schneeglätte. U.s haben sie zum Arzt gefahren, sie kann garnicht gehen, gebrochen hat sie nichts, aber der ganze Oberschenkel ist rot und blau unterlaufen. Der Arm u. die Seite schmerzen auch — wird wohl ein tüchtiger Bluterguß sein. Morgen muß sie nach L. in's Krankenhaus zur gründlichen Untersuchung, dieser Arzt ist zuständig für Unfäl[le.] Große Bedenken brauchen wir nicht zu haben, mir tut sie nur so leid weil es so schmerzt, sie kann nicht sitzen u. nicht richtig liegen. Und Du weißt doch auch, daß sie keine Ruhe hat, nun kraxelt sie nun so rumher [sic] und steht immer auf einem Bein. Wir sind nur froh, daß alles soweit gut abgelaufen ist, sie macht Umschläge und wird nun schon noch Anweisungen bekommen. Also bitte, mach Dir keine Sorgen Liebster! Wir sind trotz allem ein paar kreuzfidele Invaliden, komm, Du!, überzeuge Dich auch selbst, Du bist uns allen recht herzlich willkommen. Jetzt schreibe ich noch Deinen Lieben. Und nun, Herzallerliebster? Kannst Du Dir wohl denken, wie sehr ich mich auf Dich freue? Daß Du wirklich schon so bald ganz bei mir bist? Du, liebster [Roland]! Ich liebe Dich!

Ich bin ganz Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946