[400116–1‑1]
S. am 16. Januar 1940.
Herzallerliebste, meine liebe, liebe [Hilde]!
Mein Brief erreicht Dich mit eintägiger Verspätung. Den Mittwochnachmittag mußte ich zu einem geschäftereichen Gang nach B. benutzen. Viel will ich auch nicht schreiben heute. Das Geschäftliche mag zuerst stehen. Beim T.-Buchhändler in L. habe ich während der Ferien ein Büchel bestellt, Wilhelm Stapel: „Das Gesetz des Lebens” [sic], kostet 1 Mark. Ich hätte es gern gehabt und bitte Dich deshalb, es am Freitag mit abzuholen, wenn Du Zeit hast. Wenn er fragt nach mir, erkläre ihm nur, daß ich unvorhergesehen eher abreisen mußte.
Willst Du mir am Sonnabend nach Chemnitz entgegenkommen? Mitte Januar sollten wir ja doch im Möbelgeschäft noch einmal vorsprechen. Ob es sich lohnt? Ich weiß nicht. Überlege es Dir und mach’s dann, wie Du denkst. Wie die Züge gehen, weiß ich nicht. Der D‑Zug wird sicher noch verkehren. Mit 1 Stunde Verspätung können wir bestimmt rechnen. Es müßte sonderbar zugehen sonst. Für den Möbelladen müstest Du den Katalog und die Karte mitbringen. Wenn mein Zug viel Verspätung hat, könntest Du eine kurze Vorschau halten. Lohnt es, dann könnten wir beide noch einmal hingehen, sonst würden wir geradewegs heimfahren. Am Sonntag war ich in L.. H.s freuten sich. Herr H. hat eifrig über uns[e]re Geschäfte diskuriert [sic]. Im Schuppen stand ein Coutsch [sic] nach unserem Modell mit einem guten Stoffüberzug, gar nicht übel.

Am Sonnabend will ich nun bei Dir sein, Herzliebes! Nur auf wenige Stunden kann es sein. In diese Stunden drängt sich dann alles. Es wird anders sein, wenn wir immer umeinander sind, Liebste. Es wird schöner sein. Viele sind vielleicht enttäuscht, wenn dann aus der Sonntagsliebe und Sonntagsgemeinschaft eine Dauergemeinschaft wird. Dann wird nämlich jede Leere offenbar. Ich bin um uns[e]rer Gemeinschaft nicht bange. Ich freue mich darauf, ich glaube, Langeweile werden wir selten haben. Und wenn ich Dir langweilig werde, dann magst Du mich nur richtig aufschwänzen.
Dem geschäftigen Bohnervati [sic] seine Tochter — dachte ich, als ich deine Verlobungsgeschichte las. Sie kann keine Arbeit herumstehen sehen. Das ist beileibe kein Tadel. Und ich habe an dir auch schon die schöne ruhige Beschaulichkeit als einen wertvollen Ausgleich kennengelernt, ein Erbteil Deiner Mutter.
Du frierst, armes Hascherl! Ich muß mit meiner Wärme, eben jetzt auch haushalten. Aber wenn ich bei Dir bin, wird mir schon warm.
Herzallerliebste! Bleibe froh und gesund! Gott behüte Dich! Bitte grüße deine lieben Eltern.
Ich komme zu Dir! Du! Ins Auge kann ich Dir schauen. Darf neben Dir sitzen. Darf ganz allein sein mit Dir, Liebste! Ich freue mich. Ich liebe Dich! Du!
Dein [Roland]