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[OBF-391025-001-01]
Briefkorpus

Schmilka am 25. Oktober 1939.

Herzliebes!

Ein ganzes Himmelreich von Plänen spiegelst Du mir vor, das nun auch schon in 72 Stunden anbrechen soll. Du! Du Gute! Und Du Schalk! Diese Pläne eröffnest Du mir in demselbsen Briefe, in dem Du mir gedeihliche Arbeit wünschst. Vorbei ist's mit aller Andacht zur Arbeit. Schon zähle ich wieder die Stunden bis zu deren Ende. Was mich ein wenig bedrückte und verstimmte, daß wir die beiden Feiertage nicht voll würden nützen können, Du willst es zur Freude wenden! Du! Ich hätte nicht gewagt, diesen Wunsch zu äußern. Wirst Du denn Urlaub bekommen? Dann könnte ich mit Dir zum erstenmal die lange Rückreise antreten. Daß Du mein neues Heim mit Deinem Besuch beehrst, ist ja nun eigentlich auch an der Zeit. Ich mag Deinem Urteil nicht vorgreifen; aber das möchte ich, einer Enttäuschung vorbeugend, doch sagen: so versteckt und traulich wie unser Glücksmärchenhaus ist es nicht, zumal nicht an Wintertagen. Aber auf die Tage sind wir ja nicht mehr allein angewiesen! Du! Fast könnte ich alle Sorgen vergessen über meiner Freude. Aber sie sind noch da. Über Dein Geschick werden wir ja am Sonnabend beraten. Es lohnt sich jetzt nicht weiter darüber zu schreiben. Wie gut, daß wir sagen können: wir sind einander gewiß, sodaß wir jeden Tag einander die Hand reichen können zum heiligen Bunde. Wenn man uns drängt, Liebste, und wir müssen uns vor der Zeit zusammentun auf dem Standesamt, dann sind wir zwar rechtlich und vor der Öffentlichkeit Eheleute, und Du mußt es Dir gefallen lassen, daß man Dich Frau [Nordhoff] tituliert; aber für uns, Liebste, soll und kann die Ehe erst beginnen nach der Trauung. Und für diese behalten wir zunächst ruhig unseren Tag im Auge. Ich bin glücklich darüber, daß wir so miteinander reden können, daß wir es auch mit den Eltern können, daß ich es auch mit meinen Eltern kann. Die Sorge um unseren Lebensbund hat mich ihnen wieder nähergebracht.

Gestern Dienstag erreichte mich Dein Brief, mit dem Du mir soveil Freude schenktest. Heute Mittwoch fertige ich diesen ab. Morgen Donnerstag erwarte ich Nachricht von Hause, ob und wie. Wenn Du Montag frei bekommst und mit mir zurückreisen willst, dann spare das Geld und empfange uns in Oberfrohna.

Ja, Liebste, nun weiß ich gar nichts mehr Gescheites zu schreiben heute. Wie ein Stümper komme ich mir vor, wenn ich Deinen langen, schönen Brief ansehe. Aber Du darfst es glauben, mein ganzes Sinnen von Wichtigkeit ist bei Dir, bei uns. Ich bin glücklich, weil ich Dich zu eigen habe und weil Du mich liebst. Ich werde ein Zuhause haben und eine Heimat finden: Dich, unser[e]n Bund.

Und nun soll ich ihn bald wiedererleben dürfen, den seligsten der Augenblicke, da Du Dich ganz mir beutst [sic] in großer Liebe und mich zu Deinem Gärtlein führst — Liebste, Herzallerliebste, Du!

Gott behüte Dich mir! Möchte er unsern Bund segnen! Bitte grüße Deine lieben Eltern.

Herzliebes, ich küsse Dich, ich liebe Dich! Du, meine liebe, liebe [Hilde]!

Dein [Roland].

Sollten die Eltern ihren Besuch verschieben müssen, und Du dann schon Sonnabend nach Schmilka abreisen, mach ich Dir noch rechtzeitig Angaben über Fahrt u. Weg.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946