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[OBF-390912-001-01]
Briefkorpus

Schmilka am 12. Sept. 1939.
Wie einer seine Mutter tröstet Jes. 66:13

[Siehe Ausschnitt aus dem Brief.]



Meine liebe, liebe [Hilde]!

Nun habe ich Dich doch so bitter enttäuscht, ich sehe und lese es aus Deinem Briefe und kann es Dir nun erst recht nachfühlen, und bin selbst ärgerlich, zumal Du den ganzen Sonnabend frei hattest. Ach Liebste! Zum einen war es wirklich gut gemeint, wenn ich dachte, Du sollst in dieser unsicheren Zeit nicht auf der Bahn sein. Zum andern war ich am Sonnabend so schwankend und unentschlossen. Ach, liebe [Hilde], ich fuhr ja so schwermütig und kopfhängerisch nach Hause. Warum?

Aus Sorge um Dich, um uns beide, um unser Glück. Und wie ein Kranker seine Lieblingsspeisen, so wies ich die Aussicht und Möglichkeit zurück, Dich, Liebste, bald in die Arme zu schließen und zu küssen, weil es mich nur trauriger und unglücklicher gemacht hätte. Ach Du, am Sonnabendmorgen hat mir meine Mutter den Kopf zurechtgerückt. „Hat Gott Deinen Lebensweg bisher nicht sichtbar gesegnet, hat er Dich nicht erst jetzt ein liebes, tapferes Mädch finden lassen, warum willst Du, undankbar an seinem Beistand zweifeln?“ Zwei Stunden nachher schrieb ich den Brief an Dich, und seitdem bin ich ruhiger und gefaßter. Ich wollte zu Dir fahren, aber ich war nicht entschlossen genug, Mutters Einwand, es sei eine Hatz, die mir nicht gut sei, zu entkräften. Und merkwürdig, ich dachte den ganzen Tag, Du würdest ungerufen kommen und noch am Abend ¾ 10 [Uhr] habe ich zum Fenster hinausgesehen, weil ich dachte und hoffte, Du würdest kommen.

Es verkehren zwischen Dresden und Kamenz täglich nur 2 Züge, und man tut gut, von Dresden den Autobus zu benutzen. Wir haben ja am Sonnabend so oft Deiner Gedacht und von Dir gesprochen. Liebste, sei mir nicht mehr bös darum, am Sonnabend, so Gott will, will ich Dich umso lieber und froher in meine Arme schließen, Du! Wie Du fährst? Ich kann frühestens 1319 [Uhr] in Dresden sein. Hast Du am Sonnabend frei, dann kannst Du mich in Dresden in Empfang nehmen (mit welchem Zug Du da fahren mußt, danach mußt Du Dich diesmal selbst erkundigen. Vielleicht kannst Du es mir noch mitteilen. Ob es sich lohnt, bis Schmilka zu kommen? Du müßtest gerade Freitagnachmittag wegfahren. Ich kann von hier aus freilich nicht feststellen, ob Du den letzten Zug zu uns, Dresden ab 2036 [Uhr], noch erreichen würdest.). Arbeitet ihr am Sonnabend, dann richte es bitte so ein, daß Du mit dem nächstbesten Zug kommen kannst, dann muß ich Dich in Empfang nehmen. Also wieder einmal zunächst mehrere offene Möglichkeiten, aber eine Hoffnung und eine Sehnsucht, Liebste, Dich zu sehen und Dich zu umfangen. Von Siegfried kam am Sonntag eine weitere Nachricht, daß man ihn nach Gottleuba bei Pirna gebracht hat. Er ist also wieder ganz in der Nähe. Seine Anschrift besitzen wir noch nicht. ¼ 3 Uhr bin ich am Sonntag zum zweitenmal in Schmilka gelandet.

Deinen lieben Eltern sage bitte herzlichen Dank für ihre Wünsche und herzliche Grüße.

Und Dir, Liebste? Behüt Dich Gott!

Diese Tage sind wieder eine Probe für unsere Liebe. Daß wir um unser Glück bangten, ist es nicht ein gutes Zeichen? Aber sie sind auch eine Lehre: Es stand bei Gott, daß wir uns fanden, bei ihm steht auch, ob wir uns behalten, und wie es kommt, so ist es sein Spruch und Wille.

Und so wollen wir ihm unsre Liebe anbefehlen, und dürfen mit froher Zuversicht auf seinen Beistand hoffen.

Ich küsse Dich! Ich liebe Dich!

Dein [Roland].

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Kommentare

Wir kommen aus Österreich und konnten im Rahmen eines Projekts mit den Briefen arbeiten.

Wir beziehen uns mit unserer Meinung auf den Teil als Roland sich fur Hitler ausspricht.

Wir denken dass er Hitler mochte and diese Meinung teilt.

Einordnung
Ausschnitt aus dem Brief.

Ba-OBF K02.Pf1.390912-001-01j.jpg. Ausschnitt aus dem Brief.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946