Bitte warten...

[OBF-390426-002-01]
Briefkorpus

Oberfrohna, am 26. April 1939.

Mein lieber [Roland]!

Zuerst will ich Dir recht herzlich danken, für Deinen lieben Brief. Dank auch für Dein Kompliment; das aus des ‚Meisters’ Mund zu hören, hat mich fürchterlich stolz gemacht!!

Ach Du, es ist gut, daß nun bald Sonnabend, Reisetag ist. Alles scheint sich gegen mich verschworen zu haben, wenn ich mich Dir widmen will. Seit dem Sonntag hole ich aus, Dir zu schreiben und immer kommt etwas dazwischen. Mutter war es vergangene Woche gar nicht gut und nun hab ich sie so weit, daß sie daheim bleibt und sich mal paar Wochen Erholung gönnt. Manchmal geht es ja auch über alle Vernunft, was die Herren Chefs von uns verlangen. Den ganzen Sonntag hab ich unter Mutters Anleitung geschneidert, sonst werde ich bis zum Sonnabend nicht fertig. Hätte sich die Schnittbestellung nicht um 4 Tage verzögert, wäre alles halb so wild; denn ich hatte mir den unverhofften Feiertag (20. April) als Arbeitstag gedacht. Am Montagabend fand vom Betrieb aus Kameradschaftsabend der Frauen statt, mit Besprechung der Ausfahrt, die am 17. Juni stattfinden soll. Das Ziel bleibt geheim.

Gestern habe ich nun erst mal meine Kränzlschwestern zur Geburtstagsfeier geladen, diese Leckermäulchen lassen sich schwerlich länger hinhalten und, das will ich Dir ganz offen gestehen, in dieser Hinsicht bin ich ihnen gleichgeartet! Luise fühlte sich in ihrem Element, sie hatte einen Schwips erwischt und sorgte bestens für Unterhaltung. Es gefiel uns allen gut und um 12 gingen die beiden in gehobener Stimmung nach Hause.

Und nun hab ich noch eins auf dem Gewissen — zusammen mit meiner Schulfreundin Hanni W. (Du kennst sie aus der Singstunde), unsern Klassentag. Wir beide sollen in dieser Sache Herrn H. ein wenig beistehen. Der 29. war vorgesehen. — na, und Du weißt ja ebenso gut wie ich, was an diesem Tage noch auf dem Programm steht, Du!

Irgendwie muß doch verhindert werden können, daß gerade dieser Tag der auserwählte sein soll. Ohne, daß es jemand weiß, hab ich ein wenig Vorsehung gespielt. Und vorige Woche, Du, verhalf mir ein ganz sonderbarer Umstand zum Sieg.

Ja, es ist schon gut, daß wir Frauen mehr oder minder ein wenig von der ‚Eva’ abbekommen haben! Also sei glücklich mit mir, die Tage gehören uns ganz! Sei es getrost, ich habe nicht gelogen, ich war nur ein ganz klein wenig raffiniert. Ich erzähle Dir’s. Mein lieber [Roland]! Du bist doch nicht traurig, wenn mein Brief recht kurz ist? Ich glaube, daß ich doch ein bissel überarbeitet bin. Du wirst das verstehen und mir nicht nachtragen. Du wirst mich doch am Sonnabend nicht halbtot empfangen wollen? Ich komme 1615 [Uhr] in Dresden an, diesmal warte ich bis Du kommst am bekannten Platz! (Wartesaaltür). Über alles Unerwähnte wollen wir uns unterhalten. Bleibe auch Du gesund und froh, Du Lieber! Wenn es am Sonnabend recht schön draußen ist, möchte ich recht bald heraußfahren [sic] nach Lichtenhain und mit Dir noch mal durch den Busch spazieren gehen. Allein sein möchte ich mit Dir. Daß Du inzwischen so viel verlernt hast? Ich küsse Dich, mein lieber, lieber [Roland] Du! ich freue mich.

Auf frohes, gesundes Wiedersehen!

Deine [Hilde].

Herzliche Grüße senden Dir die Eltern.

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946