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[OBF-380720-001-01]
Briefkorpus

Kelbra am Kyffhäuser, d. 20. Juli 1938

Heute ist der Himmel grau bedeckt, und es regnet. Ich bin bis 11 Uhr auf diesen Ort verbannt, weil eher kein Autobus zur Bahn geht. Diese Zeit benutze ich, um Ihnen Bericht zu erstatten. Gestern abend war mir ziemlich unwohl. Ich habe gegessen. Nach dem Essen stellte sich ein nervöses Rumoren in der Magengegend ein. Heute früh ist mir besser. Mein Plan für heute: Ich fahre mit dem Zug nach Nordhausen. Besichtige die Stadt und dampfe dann quer durch den Harz nach Wernigerode.

Es ist ein unverbesserlicher Regentag heute. Ich hatte wenig Lust, bei diesem Regen durch die Stadt Nordhausen zu schlendern, habe nur ganz kurzen Aufenthalt genommen und mich mit dem Zügle über den Harz schaukeln lassen. Ich bin eben frisch in Wernigerode eingetroffen, habe mich nach einem Nachtlager umgesehen, und während ich das schreibe, sitze ich in meinem Zimmer, einer geräumigen ausgebauten Bodenkammer, trotzdem nicht billig. Nachher will ich zur Kost gehen und diese Blätter aufgeben, morgen vormittag noch einmal dahingehen, um nach einem Zeichen von Ihnen zu fragen. Die Tage verstreichen, und bald werden Sie ans Packen denken. Ich habe sowohl mein Taschenmesser als auch eine Schere vergessen  wenn Sie an [e]inen dieser Gegenstände denken würden.

Grüßen Sie bitte Ihre Eltern.

Wenn Sie Ihnen Nachricht geben wollen, dann nach Blankenburg/Harz postlagernd.

Nun Ihnen glückliche Reise.

Auf eine frohes Wiedersehen grüßt Sie recht herzlich

Ihr [Roland Nordhoff]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946