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Briefkorpus

Lichtenhain am 8. Mai 1938.

Wertes Fräulein [Laube]!

Am Sonnabend erhielt ich Ihren Brief. Ich habe unterdessen viel über Sie nachgedacht. Es ist sehr wenig wahrscheinlich, daß ich nach Annaberg komme. Schreiben Sie, was Sie bedrückt. Sie wissen, daß es nicht in unrechte Hände gelangt, ich werde weder belächeln noch leicht abtun, was Sie schreiben. Wenn ich kann, will ich Ihnen gern helfen. Ich sitze nun hier in Lichtenhain, einem kleinen Dorf in in der Sächsischen Schweiz. Über manche kleine Wehmut und Traurigkeit hinweg bin ich doch dankbar für diese Wendung. Ich war in Oberfrohna festgefahren in mancherlei Dingen. Was hier in Lichtenhain meiner wartet, ist mir freilich noch verborgen und rätselhaft; aber ich bin der festen Zuversicht, daß es auch einen Sinn hat und zuletzt doch zu meinem Besten dient.

Schreiben Sie bitte ohne Absender, damit wir denen, die gern in Geheimnissen kramen (das kann in einem kleinen Neste schon der Briefträger sein), ein Schnippchen schlagen. Aus diesem Grunde schreibe auch ich ohne Absender.

Seien Sie meiner Wertschätzung versichert und herzlich gegrüßt

von [Roland Nordhoff],

Lichtenhain über Bad Schandau,

Nr. 4

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06.05. 1938 Amtsgericht Nürnberg, der kath. Richter Dr. Theodor Hauth ist erstaunt, daß „bei der in Nürnberg
herrschenden Auffassung über die Judenfrage in den Jahren 1933.38 Schritte zur Beseitigung der
Beklagten (aus dem Haus) nicht unternommen worden sind“ und verurteilt im Namen des Deutschen
Volkes eine jüd. Familie ihre Wohnung zu räumen weil Juden keine Volksgenossen sind
Quelle: www.verfolgte-schueler.de

Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946