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[OBF-420211-001-01]
Briefkorpus

Wien, den 11. Februar 1942

Herzallerliebste mein!

Nun ist Dein Bub wieder ein richtiger Weltenbummler, steigt ganz ledig und frei und allein in der Welt umher – und ist doch Dein Bub, ganz Dein Bub! Du weißt: Du kannst ihn ganz allein in die weite Welt schicken, in alle Winde – er bleibt Dir treu, er ist Dein! Ach Herzelein, Du! So wie ich weiß, so gewiß, daß Du – Du mein treulich wartest, immer! Schätzelein! Ich bin doch sooo froh und glücklich daß ich Dein Bub bin, Dein Mannerli!!! Und ich fühle immerzu das Band, das ich nach mir ziehe, wo ich auch bin, an dessen anderem Ende Du bist, mein geliebtes Weib – das Band unsrer Liebe ist es, Herzensschätzelein!

Ich habe mich eben ein wenig lang lang gestreckt auf dem Liegesofa meines Stübchens. Bin eben vom Essen heim. Es gab wie gestern eine gute Kartoffelsuppe. Ich finde mich in den ganzen Verpflegungsapparat noch nicht rein. Heute habe ich nun Lebensmittelkarten für 5 Tage bekommen. Das hilft mir wieder ein ganzes Stück weiter. Ich kann mir Butter, Wurst und Brötchen kaufen. Jetzt habe ich das noch gar nicht nötig, ich kann noch von dem leben, was Ihr mir in so lieber Fürsorge zugesteckt habt. Hier in meinem Hotel bekomme ich einen prima süßen Milchkaffee. Bin gespannt, ob ich heute meine Bewilligung wiederbekomme. Um 3 Uhr wird es sich entscheiden. Als wir heute um 9 Uhr angestellt waren, wurden wir nach unseren Bestimmungsorten abgeteilt. Von unsrer Abfahrt wurde noch nichts gesagt. Aber es scheint mir, daß es doch einmal schnell kommen könnte. Es wäre mir nur lieb. Denn so oder so – nach Saloniki muss ic[h] doch erstmal.

Über der täglichen Lauferei geht fast der halbe Tag hin. Schätzelein! Ich denke eben daran: vor einem Jahre schwebte Dein Mannerli in Urlaubshoffnungen. Vom 13.-28. hatte ich Urlaub. Am 12. zu Mittag durfte ich fahren. Es scheint mir schon sooo weit zurückzuliegen. Und hinter diesem ersten Urlaub stand doch schon das Geschick des größeren Getrenntseins. Oh Herzlieb! Wir müssen Gott so unendlich dankbar sein für alle Gnade!

Nun will ich gleich noch nach Kamenz ein paa[r] Seiten richten.

Grüß mir bitte die lieben Eltern recht herzlich und berichte ihnen über den Stand der Dinge.

Leb wohl, Herzelein! Behüt Dich Gott!

Sei recht von Herzen froh mit mir unseres Glückes! Ich liebe Dich! Ich küsse Dich! Du!!!

Ich bleibe immerdar Dein [Roland]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946