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[OBF-410327-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 27. März 1941.

Herzallerliebste! Meine liebe, liebste [Hilde], Du!!!

In 3 Tagen, heißt es, können wir die erste Post erwarten. Ich warte und freue mich so darauf, um wieder etwas von Dir zu hören, um wieder mit der Heimat in Verbindung zu treten. Ach Herzlieb! Nun wir wieder, wenn auch auf kurze Zeit, Fuß gefaßt haben, nun ist nicht das Gefühl der Ferne, sondern nur der Gedanke, daß ich eben jetzt nicht zu Dir kann. Und dieser Gedanke und diese Tatsache stand ja schon so oft zwischen uns – einmal kleiner, einmal größer. Und nun stehen sie wieder da, unausweichlich, unerbittlich. Schmerzlich beugt sie uns – und nun ruft sie alle Kräfte auf zum Widerstande, zum Durchhalten, allen Willen, hindurchzugehen durch das dunkle Tor. Ach Herzlieb, wir sahen es vor uns, es hat uns nicht völlig überrascht und unvorbereitet traf es uns nicht. Das dürfen wir dankbar feststellen. Wir haben uns gefunden für die Fahrt des Lebens, haben die Hände ineinanderlegen dürfen, sind einander ganz froh und glücklich gewiß, oh so gewiß wie selten ein Paar, und – wissen auch um die letzte Zuflucht und den letzten Trost. Das ist so viel, das ist alles, was wir brauchen, um dieses kritische halbe Jahr durchzuhalten. Herzlieb, kritisch nicht nur für uns! Oh nein! Du! Das kann ich doch täglich sehen. Viele, viele erwartet Härteres, Schwereres – und kritisch ist diese Zeit für die ganze Entwicklung der Zukunft. Wir wollen darum hoffen und beten. Ach Herzlieb! Mein Tag vergeht schnell – kaum ist Zeit, Gedanken nachzuhängen – immer wird man mitgerissen – das ist jetzt schon so, wo wir noch gar nicht in unseren Geschäften Dienst tun. Also, Herzlieb, mach Dir darum keine Sorge. Du weißt auch, daß ich manches aushalten kann, mich zwingen, und in der Fremde sein, das war mein Los bisher. Oh, ich habe schon etlichemal gedacht, wieviel schwerer es mir gefallen wäre, wenn wir schon eine Zeit nebeneinanderleben hätten leben können. Ich weiß das so gewiß – wie lieb, wie so lieb mir das Heim sein wird, das Du mit mir bereiten willst, das Du mir allzeit offenhalten willst! Oh Herzlieb, es wäre mir viel schwerer geworden.

Es ist jetzt 7 Uhr am Abend. Schon wird es dunkel. Ich sitze i[m] Schulhofe auf einer Bank. Ich kann heute nicht zur Stadt. Ich habe Wache. Von 8-10 Uhr bin ich wieder dran. Dann funkeln die Sterne am schönsten, unsere Sterne, Du!! Dann will ich hinüberdenken zu Dir – will hinüberträumen – in uns[e]re Zukunft, von der wir uns so viel erhoffen – dürfen wir das? Oh Herzlieb! Ja, ja!! Wir dürfen es, demütigen, gläubigen Herzens dürfen wir es, schwache Menschen sind wir, Gott weiß es – er kennt unsre Hoffnungen – er wir[d] sie ansehen – und sein Wille, sein gütiger, gnädiger, weiser Wille, wird geschehen. Sein, unsres Gottes, Wille! Geliebte! Meine [Hilde]!! Das ist so tröstlich, so unendlich tröstlich!

Gott behüte Dich! Mein liebes Weib! Er schenke Dir Kraft und frohen, tapferen Mut zum Durchhalten. Ich bin Dein [Roland], Dir verbunden in unendlicher Liebe und Treue, Dein, Du! ganz Dein!!

Mein Lieb! Meine [Hilde]!! Sei ganz froh mit mir unsrer großen, schönen Liebe, Du!! Ich liebe Dich!!

Ich bleibe Dein immer und ewig! Dein [Roland]!

Meine [Hilde]!!!!!

 

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946