Bitte warten...

[OBF-410313-002-02]
Briefkorpus

[*]

am 13.3.41.

Lieber [Roland]!

Heute schreibe ich Dir einmal aus Deiner zweiten Heimat, ja, ich habe mich einmal auf die Socken gemacht und bin glücklich in O. [sic] gelandet und gut aufgenommen worden. Die Reise allerdings war sehr zeitgemäß und an Zeit zum Reisen hat es wirklich nicht gefehlt!! Die Moral der Reise jedoch ist, daß man sich nie mehr vornweg anmelden soll. Denn 2x ist mein Zug davongefahren. So habe ich sogar 1 Nacht bei der Wehrmacht in Chemnitz übernachten müssen. Alle sind wohl und munter, ja, das kann ich behaupten, selbst das Wetter ist auf meiner Reise prachtvoll. Erstaunt höre ich, daß man aus Dir eine Wasserratte gemacht hat, wenn auch zunächst mit der Uniform erst begonnen. Wenn der Hellmuth noch als Luftigus [sic] geht haben wir alle 3 Wehrmachtteile in der Familie vereint. Aber Spaß beiseite, denn es ist sowieso schon alles traurig genug.

Für heute soll's genug sein, [Hilde] (ohne) will auch erzählen.

Recht herzliche Grüße und alles Gute

vom Siegfried.



Achtung! Achtung!: Hier meldet sich [Hilde] (ohne)

Mein lieber [Roland]! Gestern nacht bis ½ 1 [Uhr]!! [sic] haben wir gewartet, den letzten Bus lauerten wir ab und kein Siegfried stieg aus. Da sind wir heim, haben die fertige Suppe selber gegessen und stiegen ganz enttäuscht und müde ins' Bett. Heute früh kurz vor 8 Uhr stand ich auf und ich war noch halb erst angezogen, da klingelt es und Siegfried sind steht unten!! Nun ging's Galopp! Zusammen tranken wir Kaffee – Erzählen ohne Ende – auch Dein Schicksal wurde durchgesprochen! Wir hoffen beide auf eine baldige, recht gute Nachricht von Dir. Nun ist es ½ 3 [Uhr], Siegfried hat mir fein abgetrocknet (wie alle [Nordhoff]s es tun)[,] während ich Dir diese wenigen Zeilen schreibe, berichtet er Vater an Hand der Landkarte seinen Feldzug. Und da gibts' nun viel zu schauen und zu hören.

Nachher will ich mich rasch umziehen, wir wollen ein Stück an die Luft; herrlicher Sonnenschein lockt hinaus und i[ch] will Siegfried ein bissel unsre Heimat zeigen. M Um 5 [Uhr] will Mutsch uns mit in's Kino lotsen[,] "Wunschkonzert"[,] ein großer Erfolg! Im Apollo kann sie Kopfhörer nehmen, und wir wollen ihr den Spaß nicht verderben. Wie wird Dirs' denn gehen? Heute Nachmittag erwarte ich Deinen lieben Boten! Heut, mein Lieber nimm mit dem Wenigen vorlieb, ja? Es ist genau so lieb und herzlich gemeint!!

Auf Wiederhören! Behüt' Dich Gott!

Recht herzliche Grüße – Deine [Hilde]

und die Eltern!

 

[* = die erste Seite des Briefes wurde von Siegfried geschrieben]

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946