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[OBF-410121-001-01]
Briefkorpus

Dienstag, den 21. Januar 1941

Mein liebes, teures Herz! Herzallerliebste! Meine liebe [Hilde]!!

Feierabend ist nun bei mir! Wie fein, daß ich mich in die Schreibstube zurückziehen darf und hier ganz allein im Zimmer auf dem Sessel und am Schreibtisch des Hauptfeldwebels Deinen Boten auf den Weg schicken kann. Du!! Dein [Roland] hat es so gut. Dieser Feierabend, er ist das Ziel meines Tages – und Unruhe ist in mir, bis ich endlich vor dem weißen Bogen sitze – Unruhe und ein leises Bangen darum, es möchte dieser Feierabend gestört werden. Herzlieb! Feierabend wollen auch wir später halten, alle Tage, und sei es nur, daß wir 5 Minuten still Hand in Hand sitzen und den Schlag unsrer Herzen spüren. Du!! – An Deinem langen Feierabend läßt mich so lieb teilnehmen, Du, mein liebes, treues Weib! Du!! Du!!! Ich danke, danke Dir aus ganzem Herzen! Der dicke, schwere Bote hat alle Schneewehen beiseitegewuchtet und hat seinen Auftrag allen Widerständen zum Trotz getreulich erfüllt.

Mein Herzlieb war wieder so allein – so ganz allein mit seinem heißen Herzen – allein für seinen [Roland] – Du!!! – allein aus Liebe und Treue!! Du!! Du!!! Geliebte! Ich werde es Dir nie vergessen – und nach dem bösen Krieg, da läßt Dich Dein [Roland] so nimmermehr allein!! Nimmermehr!!! Getreulich teilst Du mit mir das Schicksal, allein zu sein, Du! Auch Dein [Roland] ist allein ohne Dich!

Aber so allein, wie Du warst, ist noch schmerzlicher – alles Sehnen steigt dann ungehemmt auf und alle düsteren Gedanken. Mein Herzlieb ist schon so stark geworden – und geduldig – und tapfer – und der Hubo braucht sich nimmer so darum zu sorgen, daß es nicht fertig wird mit sich. Geliebte! Allen Trost hast Du Dir schon selber zugesprochen. Am Donnerstag – ist Dein Hubo gar nicht erschrocken. Hingeklatscht ist er mit seiner Schreibemappe, als er zum Alarm von der Schreibstube in seine Wohnstube lief – hat seinsich ein bißchen die rechte Hand aufgeschunden, ist schon lange wieder heil – und das war nicht um 11 Uhr, sondern gegen 9 Uhr. Ein Flieger kam zu uns – sonst war nichts. 15 Schuß haben wir gefeuert, dann war Ruhe. Wilhelmshaven war am Tage zuvor, hat alles auch in der Zeitung gestanden – offenes Geheimnis. Sollst Dich nicht sorgen, Herzliebes! Ich bleibe zusammen mit S. auf dem neuen Posten – ist manchmal viel zu schreiben in wenigen Minuten. Also: wir müssen da mit rauf, nicht zu einem der Geschütze, sondern zum Leitstand. Dort steht das Zielgerät und in einem Bunker sind wir, die Telefonisten, der Gefechtsleiter – ist auch ein Ofen drin – hörst das Schießen in dem Keller nicht so laut wie unten in den Baracken – und Gefahr – ach Herzlieb – sie ist hier und dort – und Gottes schützende Rechte, sie ist hier und dort. Geliebte! Mein liebes teures Herz!!

Das Gebet hat Dir den inneren Frieden wiedergegeben – Geliebte! Daß Du so lieb auf meinen Rat eingehst und den bösen Aberglauben bekämpfst, das freut mich ganz innig und dankbar – nicht nur für Dich und mich. Du!!! Du!!!!! Und wenn wir werden miteinander des Weges gehen dürfen, dann wird mein Herzlieb ganz furchtlos auch darin – des bin ich ganz gewiß!

Du!! Nun will ich es Dir nur auch erzählen. Heute habe ich etwas gefragt: Für Mitte Februar darf ich Urlaub eingeben – und meinem lieben Frauchen darf ich das leis andeuten, Du!! Du!!! Und leicht wird’s ein paar Tage vor dem 16. Februar. Geliebte!! Geliebte!!! Noch ganz leis erst und dankbar freuen – 10erlei Hindernisse könnte ich mir denken – es wäre unrecht – hoffen wollen wir und vertrauen! Du und ich!! Du!!! Du!!!!! Herzlieb! Freut Dich diese Nachricht? Du!!!!! Kann sie Dich ein wenig trösten und geduldig machen? Du!!! Du!!!!!

Darf Dein Dickerle Dir auch was Süßes sagen? Du!!! Du!!!!! Wo sind wir denn beide am ganz alleinsten? Im – im – Bettlein. Und wo können wir uns dann am aller-allernächsten sein? Im – im – Bettlein. Und am aller-allerliebsten haben? Du!! Du!!!!! Wo Dein Dickerle sein Bettlein haben soll? Am ersten Tag ist es ja so neu und unbekannt und Gast und schüchtern – und da hat es ja Geburtstag! – Da wartet es ganz brav und bescheiden, bis es eines angewiesen kriegt. Wer wird dann am längsten aufbleiben an diesem ersten Tage – wer wird ihm denn das Bettlein anweisen? – Und die andern Tage, da kriecht es dahin, wo es am erstenmal gestartet hat. Du!!! Du!!!!! Ach Herzlieb! Lang ist es noch bis dahin – aber schnell auch verrinnt die Zeit. Du! Du!!!

Ein tolles Wetter ist hier. Es hat gar nicht so sehr geschneit – aber geweht, geweht, Straßen und Bahnen zugeweht – heute mußten die Kameraden die Straßen freischaufeln nach Barkelsby, damit der Wasserwagen herankonnte, und nach Eckernförde, damit der Proviantwagen nicht stecken blieb. Im vorigen Winter ist es ja schlimm gewesen. Heute abend regnet es und macht Glatteis. Es ist nicht sehr kalt. In Schweden geht die Grippe um. Fein tapfer halten, damit wir nicht krank werden, Du!!

[D]u, letzte Nacht konnte ich gar keinen Schlaf finden. Da habe ich überlegt, was ich der lieben Mutsch hier beilege. Magst es selber erst lesen und dann entscheiden, ob Du es ihr geben willst oder nicht.

Weißt! Heut bin ich erst mal ganz ruhig und zufrieden und glücklich, Du!! Und am allermeisten freue ich mich für mein liebes, junges Weib – ja, Du!! Du!!! Für Dich!! Für Dich!! Mein liebes Herz! Nun wird auch dein Hubo langsam, aber sicher mit seinen Vorbereitungen beginnen. Mit den äußeren: ein feines Koppelschloß will er sich noch besorgen – und ein paar passende Schulterstücke und Spiegel – will doch mit seiner [Hilde] einen schneidigen Soldaten abgeben, wo er auftrifft. Und mit den inneren: ach Du! Die sind viel wichtiger. Fein brav halten und alles aufheben für Dich – Herzlieb! Du!! – allen Sonnenschein aufsparen für die Tage des Wiedersehens – meine liebe [Hilde]!!! Du! Das Schlüsslein ist seit Sonnabend so eigensinnig und still – und ich zwing es auch nicht anders. Ich glaube, Du, es bereitet sich schon, die Tür zur Seligkeit aufzuschließen! Du!!! Du!!!!!

Herzlieb! Du!! Dein Hubo ist heute so müde – er will sich gleich niederlegen nachher – und er läßt Dein liebes Händchen gar nicht los – er hält es fest und schläft ein damit, ganz froh und glücklich, diese liebe Hand zu fühlen und festzuhalten. Du! Ich habe Dich soo lieb und Du? Du hast mich genauso lieb. Ach Herzlieb! Ich weiß es und fühle es. Und selig und dankbar und froh will ich jetzt meinen Kopf in Deinen lieben Schoß legen – und sein stiller Atem wird mich in den Schlaf singen und wiegen, und Dein Händlein will ich halten – selig und glücklich wie ein Kind. Du! Du!! Bist ja auch mein Mütterlein – meine [Hilde] mit dem großen, gütigen Mutterherzen, meine Heimat, meine Geborgenheit! Du!! Du!!!

Gott behüte Dich! Er segne unseren Bund und führe uns gnädig zusammen – führe uns bald zusammen für immer, Du! Geliebte! Bald, bald komme ich zu Dir!! Du!! Du!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich um alles in der Welt! Ich gehöre Dir ganz! Bin ganz, ganz Dein! Dein [Roland], Dein Hubo, Dein Dickerle, Dein Sonnenstrahl! Geliebte!!! Ich mag nur Dir gehören, mag nur in Deinem Herzlein wohnen und gelten, Du meine liebe, liebste [Hilde]!! Mein Rehlein! Mein Herzblümelein! Herzlieb! Geliebte! Holde mein! Dein bin ich! Darin bleibe ich in Ewigkeit!!! Und Du bist meine [Hilde]!! Mein! Ganz mein!! Du!! Du!!!!!!!!!!!!!

 

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946