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[OBF-410116-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 16. Januar 1941.

Herzallerliebster!! Mein Geliebter!! Mein lieber, liebster [Roland]!! Du!!

Es schneit schon wieder mal, und Deine [Hilde] sitzt im warmen Stübchen – läßt sich's wohl sein, Du!! Sie denkt an ihr Herzlieb!! Du!! Mein liebes Dickerle!! Deine Mittagspause wirst nun eben beendet haben – es ist 2 Uhr. Hab mir den Wehrmachtbericht heute garnicht angehört, ich mag es lieber still um mich haben, wenn ich Dir schreibe, Du!! Hast gestern abend die Elly Ney spielen hören im Rundfunk? Da mußte ich wieder mal so sehr an uns[e]re Zeit der heimlichen Zusammenkünfte denken! Du!! Ich freue mich so darauf, wieder einmal mit Dir etwas Schönes und Gutes zu hören; hoffentlich ist's uns vergönnt ein schönes Konzert oder Theater zu besuchen, wenn Du daheim bist.

Die Oper bietet jetzt gerade, Aida – Land des Lächelns – Götterdämmerung – und noch ein Stück, „Ausverkauf“ das soll aber nichts wert sein – sind nur Bühnenbilder von einer Tanzgruppe dargestellt. Und von Konzerten kann ich in unsrer Zeitung nichts finden – das steht nur im Chemnitzer Tageblatt. Na – Du!!

Wenn es wird soweit sein, wir werden uns schon kümmern, was los ist! Es rückt näher und näher, unser Wiedersehn! Du!! Heute ist ein 16.!! Ob Du denn schon gefragt hast, beim Chef? Ich bin so voll Erwartung, Herzlieb!! Wann und ob Du nun kommen kannst. Ich halt meine Daumen ganz fest – Du!!! Vor 2 Jahren! Weißt Du noch? Dem Tage nach am kommenden Sonnabend (es war der 21. Januar) hast Du uns zum ersten Male besucht. Wie lange ist das schon her, soweit liegt das nun zurück. Du!!

Und doch war's damals der entscheidenste Schritt mit auf unserm Wege. Wir waren wohl im Innern beide gleich voll banger heimlicher Erwartung, wie dieser erste Besuch ausfallen würde. Was für ein Eindruck bliebe – auf beiden Seiten. Wir machten es uns nicht leicht, ehe es überhaupt soweit kam – und das war nur recht und gut so. Ach Du!! – Wie auch alles, alles recht und gut war, was uns noch bevorstand, und daß [sic] wir lösen mußten.

So ernst und gewissenhaft wie Du und ich an diesen, unseren Lebensbund gingen, wird es wohl selten ein Paar tun. Und wenn wir unsre Geschichte, bis wir uns erst ganz fanden[,] einmal jemanden [sic] erzählen würden, es würde uns wohl keiner Glauben schenken, Du!! Braucht auch keiner!! Erstens ist und bleibt es unser Geheimnis – und zweitens wollen wir uns garnicht [sic] an anderen messen – wir haben uns das große Glück errungen nach eigenem Dafürhalten, Du!!! Wie es and[e]re machen, das soll uns garnicht [sic] kümmern!
Wir sind so überglücklich in unserem Glück der Liebe und des Einsseins – wir sind es beide mit ganzer Seele, aus tiefstem Herzen – und mehr braucht es nicht! Du!! Das ist reichste Erfüllung!! Höchste Gnade!!

Und wir halten dieses köstliche Geschenk dankbar und demütig ganz treu und fest in unseren beiden Händen! Ganz fest!! Kein Schmutz soll es je beflecken – wir tragen unser Glück stark und sicher durch die böse Zeit der Trennung! Du!!!

Wie eine reiche Belohnung wird uns dann uns[e]re Wiedervereinigung dünken, da wir wieder froh und beseligt beisammen sein können. Herzlieb!! Du!! Ich glaube ganz fest daran!! Und – müßten wir dann nicht vor Scham in den Boden sinken, wenn eines [sic] von uns das Vertrauen des anderen mißbraucht hätte? Und trotzdem würde uns das große Glück beschieden sein, daß wir nach diesem Krieg gesund und froh zusammen sein dürfen? Ich hielt es mit einer Lüge im Herzen neben Dir nie und nimmer aus! Nie!

Und Du? Mein [Roland]!! Herzlieb!! Du bist mir so lieb und treu verbunden – ich fürchte nichts, garnichts für Dich! Und ich glaube ganz fest, ganz sicher an Dich und Deine Liebe! Du!!! Ich bange nicht um unser Glück, wenn ich an Treue denke!! Du!!! Was sollte uns je auseinanderreißen auf Erden? Der Herrgott ist mit uns! Du!! Das dürfen wir gewiß glauben! Und nun halte ich Deinen lieben Boten vom Montag in Händen, Du!!! Du!!! Da tritt er mir doch wieder so ganz in seinem ganzen, lieben, „altmodischen“ Wesen entgegen! Mein lieber Bub!! Ich habe mich so ergötzt an dieser Geschichte, die Du mir da erzählst! Ich sehe Dich richtig vor mir mit der Gegenpartei! So ist es mir selbst ergangen, im Geschäft – auf andre Art zwar – doch mit dem gleichen tieferen Sinn des Gefechtes!

Haben ,sie' Dir also wahrhaftig zu verstehen gegeben, daß ,sie' Dich nicht mehr in ,ihrem' Club sehen wollen?!

Das war nicht anders zu erwarten. Ich kenne das so gut. Ein anständiger Mensch ist unter der breiten Masse meist einsam, allein. Aber in diesem Verhältnis muß es nicht schmerzen – nein. Im Gegenteil: da kannst Du Dich nur ohne Entschuldigung zurückziehen von solch einem zweifelhaften „Fest". Ich glaube, in Deiner Umgebung lernst Du erst einmal das kennen, was Du nur vom Hörensagen kennst; wenn ich Dir früher mal so einen Ausschnitt gab, da hast Du gezweifelt daran, ob so etwas möglich ist. Schauderhafte Sachen passieren. Aber, mein [Roland]! davon mag ich mich jetzt garnicht unterhalten. Die ,Herren' und ,Damen' mögen tun, was ihnen beliebt – mögen auch die Folgen daraus ziehen – die Hauptsache ist: wir beiden wissen, was gut und recht ist. Und Deine Frage, was ich mit dem Nörgler, dem Miesmacher und Ewiggestrigen mache?

Du!!! Wenn Du Lausbub nicht so genau wüßtest, was ich mit ihm wohl mache, Du hättest mich wohl nicht gefragt? Hm? Oder magst Du's gern hören? Du?!!! Gut – denn: Ich fasse ihn an beiden Ohren!!! Ziehe ihn daran ganz dicht heran an meine Augen – schau ihn an – lange – liebevoll – und - schenk' ihm einen ganz, ganz – süßen Kuß! Du!!!!! Das ist meine Antwort! Du!!!!! ,Du bist wohl nie jung gewesen' – so fragen sie ihn – Und keiner von allen weiß und sieht und fühlt, wie jung sein Herz ist, wie jung vor Glück! Voll Liebe!! Du!! Ja – mein Hubo kann seinem Gesicht einen ganz kargen Ausdruck geben – aber ich! Sein Weiberl! Das schaut hinter das Gesichtel, weit, weit hinein in seine lieben Guckäugel und da sieht es, was es sehen will, so gerne! Was es so liebt am Hubo!!! Sein reines, treues, großes, liebendes Herz, das er ganz nur mir verschrieb!! Du!!!!!

Herzlieb!! Mein geliebtes Herz!! Du!! Mein [Roland]!! Vor mir breitest Du Dein Herz aus bis in den letzten Winkel! Ich darf Dich schauen, wie Du wirklich bist! Du!! Und das macht Dir Freude – nur daran ist Dir gelegen, daß ich Dich verstehen kann!

Du!! Du!!!!! Damit schenkst Du mir ja soviel Glück!! Wenn Du nur von mir erkannt sein magst, Du!! Wenn Dir das allein genügt! Wenn nur dies Dein Wunsch ist! Du!!! Das ist soo viel Glück für mich! Herzlieb!! Du weißt, wie innig fest ich Dich halte!! Komm zu mir!! Komm zu mir!! Du!! Wenn die Welt da draußen Dich nicht verstehen will! Ich will Dir Heimat sein – Erfüllung – Frieden – Geborgenheit. Ich will Dich liebend, verstehend an mein Herz drücken! Du!!! Wie eine liebende Mutter ihr Kindlein an's Herz drückt. Bei mir sollst Du verstanden sein, geborgen Dich fühlen, und ganz glücklich! Du! Ich will für Dich nur da sein!! Ach, Herzlieb!! Du hast ein starkes Herz, ich weiß es – Du suchst unsern Weg in aller Wachsamkeit, unbekümmert um die Meinung der anderen! Den schönsten Weg unsres Glückes, echter Freude und guten Strebens. Den Weg zu Gottes Gnade und zu seinem Frieden. Du!! Wir beide haben ihn gefunden – wir gehen in [sic] schon – wir wollen nie das Ziel aus den Augen verlieren. Wir wollen mutig und rüstig weiter schreiten, Du und ich! Es ist kein Weg des Verzichtes – nein! – Geliebter!! Wir verstehen uns – wir wissen, was wir wollen, Du!! Ich bin so von Herzen glücklich mit Dir!! So von Herzen!! Ich will ihn mit Dir gehen diesen Weg, Geliebter!! Nur mit Dir! Am allerliebsten mit Dir! Ich freue, freue mich darauf, wenn wir ihn gemeinsam weiterschreiten dürfen!! Es bedeutet uns so viel! Alles! Unser ganzes Lebensglück! Herzallerliebster! Gott schütze Dich! Er sei uns gnädig! Bleibe frohgemut, mein Herz! Lasse Dich nicht beirren, verdrießen, Du bist mein ganzes Glück! Mein Stolz! Meine Freude! Ich warte auf Dich! Du!! Mit sehnsüchtig, weit offenen Armen warte ich auf meinen Herzallerliebsten! Daß ich ihm mit all meiner Liebe danke für sein treues Herz!!

Du!! Ich will Dich so glücklich machen!! Ich möchte Dir den Himmel auf Erden bereiten! Du!!! Ich liebe Dich! Du bezwingst mich so ganz mit Deiner Liebe! Du!!!!!!!! Gott behüte Dich mir! Bleibe gesund und froh! Ich bin in inniger Liebe und Treue, in Ewigkeit ganz nur

Deine [Hilde], Deine Holde.
Und Du bist mein!!!!! Mein!!!!!!!!!!

 

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946