Bitte warten...

[OBF-410114-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 14. Januar 1941.

Herzallerliebster!! Du!! Mein [Roland]!! Mein geliebter [Roland]!!

Ich bin ja heute so glücklich! So überglücklich! Du!! Zwei Boten bekam ich heute früh von Dir! 2 so liebe Boten! Einen vom Sonnabend, einen vom Sonntag. Du!!! Du!!! Wenn Du weiterhin mir so lieb schreibst! Dann bin ich eifersüchtig!! Ich finde doch gar keine Worte mehr, wie ich Dir danken soll für all Deine treue Liebe, Du!! Ach Du!! Mußt bald, ach bald selber kommen, Herzlieb!! Ich kann es ja garnicht mehr in Worte fassen, was ich Dir sagen will, was ich für Dich empfinde, was in mir brennt, und sich ergießen möchte über mein Herzlieb!!

Du!!!!! Ach Du!!! Die scheinen mir ja alle so arm – so dürr gegen das, was ich Dir ausdrücken möchte! Du!!! Fühlst Du trotzdem, mein [Roland]?! Wie ich Dich liebe? So, soo sehr liebe ich Dich!! Herzallerliebster, Du!!! Wie soll ich's denn mir alles aufbewahren, alles in mir, das Süße, das Liebe, was ich Dir alles schenken will, bis Du kommen wirst? Wie soll ich's mir aufheben? Du!!! Mein Herz, es ist doch schon so voll!! So zum überlaufen voll, Du!!! Du!!!!!

Du machst mich nun wieder ganz närrisch vor Liebe und Sehnsucht, Du!!! Daß ich Dich am liebsten auffressen möcht. Du!!! Du!!! Mein allerallerliebster, herziger Lausbub!!!

Am Sonnabend hat mein Hubo so sein Dickköpfchen aufgesetzt, ist nicht mit in die Dunkelkammer gegangen? Sondern hat seinem Bub geschrieben! So ein lieber, guter Dickkopf!! Ach Du! Wenn der alte Flimmerfritze von damals wieder da war, da hast Du auch nichts versäumt — sowas kannst allemal noch entbehren! Ach Du!! Ich hab es wohl gefühlt am Sonnabendnachmittag, als ich Ilse S. zu Besuch hatte, daß Du Sehnsucht nach mir hattest, es ist so ein eigenes Gefühl, so ein Gefühl der Unruhe – und man muß immer an das Süßeste denken! Herzlieb!! Auf Deinem Schoß hättest mich gern sitzen lassen — Du!!! Wie gerne hätt‘ ich's getan!! Gar niemand war bei Dir im Zimmer? Du!!! Du!!! Mußt das nächste Mal mich ganz laut, ganz sehnsüchtig rufen, Du!! Vielleicht höre ich's dann? Aber ach – kommen kann ich ja trotzdem nicht zu Dir! Noch ein Weilchen Geduld!!! Im weißen Kleidel auf dem Soldatenschoß? Oh - Du?!! Meinst?? Da muß ich eines anziehen, was knitterfrei ist, Du!!!

Du siehst mich schon in Gedanken in dem neuen, weißen Kleid? Und im Florentiner?!! Du!!! Du!!! Mannerli!!! Dein Frauchen hebt drohend den Finger!! Nicht so leichtfertig von solch märchenhaft, schönen Dingen schwärmen, die ein Frauenherz entzücken! Leicht, daß Du dabei den kürzeren ziehst! (in punkto Finanzen!) Soll es etwa auch einer sein für 26 ℛℳ?? Ach Du!! Wenn Du nicht bei mir sein darfst, da freut mich auch das Schönste nicht, was ich habe — ich mache mich doch nur für Dich schön, Du!!

Wenn ich allein sein muß, da freut es mich doch garnicht so, Du!! So lieb und leis rührst Du an das Wunder des Weibseins, das eigentlich dem Manne so fremd sein müßte, Du!! Aber mein Herzlieb, es will an allem mit teilhaben, was zu seinem Weibel gehört, was an ihm ist und was in ihm ist. Du!! Du!! Ich bin Dir garnicht böse darum! Du!! Und ich schäme mich auch nicht, wenn Du von diesen geheimnisvollen Dingen sprichst mit mir, die um das Weibsein kreisen. Weil ich Dir so ganz vertraue, Herzlieb! Weil mein ganzes Sein vor Dir liegt, wie ein aufgeschlagenes Buch — ich verberge Dir nichts — alles darfst Du wissen, was in mir ist. Du!! Du!! Weil ich Dich liebe!!! Du bist so rücksichtsvoll, so zärtlich, so verstehend, Du!!! Recht ein Mannerli für ein zartes Frauchen! Du!! Du bist wie ein lieber Onkel Doktor, so behutsam! Du!! Du bist ein ganz, ganz tüchtig liebes, ritterliches Mannerli! Wie roh und brutal reden da andere Männer von diesen Dingen – wie sind sie robust und verantwortungslos ihrer Frau, oder Mädchen gegenüber, wenn sie in diesem Zustand sind. Man kann es oft kaum glauben.

Aber Du bist so ganz anders, Du!!

Du stehst wundernd und scheu, ja ehrfürchtig vor dem Wundersamen, was im Weibe vor sich geht – Du würdest nie wagen, dieses Urgesetz, das von Gott kommt, mit gieriger Lust zu mißachten nie würdest Du das — ich weiß es. Du!!! Glaub mir Herzlieb! Nur weil Du mich so verstehend liebst, ist mein ganzes Zutrauen Dein! Wenn ich mich einmal je vor Dir gefürchtet hätte, vor Deiner Leidenschaft — ich wäre vor Dir zurückgewichen, wie ein scheues Tierlein – ich wäre diese Furcht nie mehr losgeworden.

Aber Du bist mir so lieb, so zärtlich, so behutsam, so verstehend entgegengekommen, Du!! Daß Du mich und mein Zutrauen, mein ganzes Wesen gefangen hast! Du!! Und ich mag gar nie, nie mehr von Dir fort! Du!!! Und die sichtbaren Zeichen unsrer Liebe, Du! Mein Schoß – Dein Schlüsslein, Herzlieb, wir wollen sie nie mißbrauchen, wir wollen immer eingedenk sein dessen, das sie uns erschließen sollen; sie sind ja Diener, Bereiter des Letztemn, des Besten, was wir uns erhoffen und ersehnen von unserer Liebe. Du!! Du!! Mein herzlieber [Roland]!!

Mein Schoß — Dein Schlüsslein! Du!! Wie sinnig Du die beiden zu deuten wußtest! Ich habe mich so ganz heimlich beglückt gefühlt, als ich das las, mein [Roland]! Dein Dummerle hätte das nicht so heimlich, köstlich, süß gekonnt. Aber das ist doch auch Sache des Mannerli, Du!! Das Frauchen zu beglücken mit seinen Geständnissen, mit seinen feinen Zeichen der Liebe und Verehrung! Und das Frauchen? Es muß sich huldigen lassen, es muß ihrem Geliebten dafür alle Herzensgüte und -wärme entgegenbringen, daß er sich an neuer Liebe daran entzünde und erwärme — und sie muß ihm ihren Schoß bereiten als Dank, ihm allein – muß dem lieben Leben zündenden Sonnenstrahl eine Heimat schenken, eine Traute! Du!! Du!!

Soll es so sein? Magst Du so mit mir das Glück feiern? Herzlieb! Mein allerliebster [Roland]! Du!! Du!!!!! Mein Geliebter!! So glücklich sind wir! So glücklich! Gott segne uns, er halte uns demütig im Glück.

Einmal später werden Stunden kommen, da wir garnicht so viel Zeit haben, uns Liebes und Schönes zu erzählen, so traute Stunden uns zu bereiten – so denkst Du auch. Aber, mein [Roland]! Wenn uns auch das Leben mit seinen Pflichten hart und unerbittlich anfaßt, so viel Zeit müssen wir an jedem Tag finden – und wenns kurz vorm Schlafengehn ein Stündchen ist, wo wir einander ganz nahe sind mit den Seelen, wo wir uns neue Kraft holen für den Alltag, neues Licht, Sonne – es gibt so viele schöne Dinge, die dem Menschen Frohsinn und Kraft schenken, seinen Alltag beschwingt und heiter und stark zu bezwingen – man muß sie nur finden und sehen diese vielen, schönen Dinge. Und an Deiner Seite habe ich so viel frohe Hoffnung darauf! Herzlieb!! Du hast auch hierzu ein Schlüsslein! Du!! Und ich will mich von Dir fortführen lassen, in das schöne, unbekannte Land, in dem so viele Wunder und Schönheiten warten. Du!! Ich freu mich! Wenn wir erst unser Heim haben – Du!! — bald, bald wird auch die Seele hineinkommen!

Ach Herzlieb!! Wie sind wir doch voll Glück und froher Hoffnung! Wir wollen nur recht innig beten, um unser Einsein im eigenen Heim, Du!!

Wir sind so voll guten Wünschen, so voll Tatendrang, voll Schaffensfreude – möge reicher Segen darauf ruhen. Daß Du mein bist! Geliebter!! Du!!! Du!!!

Den ich mir so heiß ersehnte, diesen liebsten aller Männer! Den darf ich ganz mein Eigen nennen! Oh – Du!!! Was ist es doch köstliches um eine Lebensgemeinschaft, wenn man sich immer und stets an ihr aufrichten kann – wenn man zu ihr heimkehren kann, von allem Schmutz da draußen in der Welt angewidert. Du! Mein Lieb! Du empfindest das jetzt auch so deutlich in Deiner Umgebung — ich fühle es. Ein gläubiges, reines Herz allein sein Eigen zu nennen – wieviel Glück!! Vom Bewußtsein reiner, tiefer Liebe erfüllt zu sein, wie fest wie sicher das uns unseren Weg gehen läßt! Es macht stark, so stark! Und Du übertreibst garnicht wenn Du sagst: wenn ich Di[ch] hätte in solch einer Umgebung getroffen, wenn unsre Blicke sich begegnet wären, und Du hättest mich herausführen können aus dieser Öde! So war es ja auch hier in meiner Heimat. Und Du tust mir nicht unrecht, wenn Du das sagst, ich bin so dankbar, daß mich eine liebe Hand herausführte aus dieser Öde! Du ahnst es ja nicht! Du!! Wer nie die Sehnsucht nach Besserem, Edleren in sich spürte, ach – der weiß ja garnicht, wie arm er in seiner Welt ist — aber wer diese Sehnsucht spürte, der kann nicht Ruhe finden, bis er erlöst würde.

Du!! Du warst, Du bist mein Erlöser, Geliebter!!

Ich liebe Dich aus der unergründlichen, dunklen Tiefe des Ewigweiblichen heraus, Du weißt es, Du!! Aus einer geheimnisvollen Wesensverwandtschaft, die uns nun so eng verbindet. Uns[e]re Seelen, sie sind einander verwandt – sie suchten sich – sie fanden sich. Und das Glück, das Glück uns[e]rer Liebe, wir empfinden es darum so tief, so rein, so wundergläubig. Mein [Roland]!! Mein Geliebter!! Lasse mich Dein sein! Lasse mich Dein bleiben!! Ich kann nur Dir gehören, mein Leben! Gott behüte Dich mir! Er schenke Dir ein frohes Herz, Gesundheit!

Ich bleibe in unverbrüchlicher Liebe und Treue ewig

Deine [Hilde], Deine Holde.

Karte
Kommentare
Einordnung
Gesendet am
Gesendet aus
Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946