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[OBF-410110-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 10. Januar 1941.

Herzallerliebster!! Du!!! Mein lieber, lieber, liebster [Roland]!!

Du!! Ich bin aber jetzt so müde, daß ich gleich umsinken könnte in meine Sofaecke und schlafen! Wunderst Dich warum? Den ganzen Vormittag bin ich rumher gerannt; nach dem Essen schnell Vatern seins hingeschafft, da war ich gleich mit bei Hilde K., ob die Bilder fertig wären, von der Skipartie! Heimgekommen, habe ich aufgewaschen, die Küche sauber gemacht, Hausordnung gescheuert und gebohnert; unterdessen das Badewasser auf den Ofen gebracht, die Wanne startbereit aufgestellt und dann ging’s los! Das Baden natürlich! Du!!

Ach ja, da hab ich mich nun von oben (Du weißt, ich fang oben an!) bis unten abgeseift und hab mich gemüht, daß ich den ganzen Rücken auch erwische, aber das ist wirklich ein Kunststück! Du!! Und keiner war dabei, der mir helfen konnte! Du denkst aber auch nicht dran, daß wir Freitags baden! Du lässt Dich nicht einmal sehen! Muß ich Dir denn das jedesmal erst schreiben? Ach Ihr Männer, seid auch zu vergeßlich!! Schäm Dich, Du!!!

Was? Du schämst Dich nicht? Lachst mich noch aus? Du!!! Na warte, wenn Du mir erst da bist!!! Aber da.......... Und nun soll ich Dir auch noch Deine Frage beantworten:, warum Du mich nicht im Schlafe beobachten sollst?

Das sag' ich Dir nun gerade nicht, Du!!

Allzu viel Wissen beschwert das Hirn, weißt? Und noch dazu das Wissen aus dem Reiche des 'Evchen'!!

Ich könnt' es auch garnicht verantworten, wenn ich Dir jetzt gar so viel aus der Schule plaudere – der Chef ist nicht da – und mein Hubo hat dann seine Gedanken womöglich weit fort, bloß nicht bei seiner Arbeit! Und dann? Wenn der gestrenge Herr wiederkommt, da gibt's am Ende Tadel – und das Allerschlimmste, was mir vorschwebt: Urlaubsverbot!!!

Nein - nein!! Ich kann's und kann's nicht verantworten! Und Du bist doch ein Lausbub! Du!!

Ein lieber, goldiger; aber auch ein Frechday [sic], Du!!

Da hab ich Dir nun so viele Beweise erbracht, womit ich Dich mir fangen will und brav zähmen! Und Du! kommst so daher und – windest sie mir alle aus den Händen!

Du weißt den Spieß so geschickt zu drehen! Bist ein Luderchen! Ach ja – so ein armes, unschuldiges, dummes Weibel – wenn es schon mit einem Schulmeister in's Gefecht kommt! Da kann sie nur noch ergeben die Augen aufschlagen und hoffen, daß es gnädig für sie abgeht!

Aber weil Du mich an die Schalldämpfer erinnerst!

Da kommt mir eben ein Gedanke: Weil ja bekanntlich die Männer eine männliche ‚Handschrift’ schrieben, so will ich besonders darauf achten, daß Du mir abends mit Fausthandschuhen zu Bett gehst (ich hab paar schöne, dicke Skihandschuhe!) ich werde selbstverständlich ohne Hülle zuhaun!! Aber gewiß, ganz genau der Reihe nach!! Ob ich eine Schwäche hab, fragst Du? Danach fragt man ein Weibel nicht!!! Es würde es auch nie verraten, Du!!!

Und Du darfst überhaupt keine Schwäche haben! Du!!! Gehörst doch zum starken Geschlecht!

Doch jetzt: Hut ab, tiefe Verneigung!

Mein verehrter Herr Gemahl ist zu beglückwünschen! Matrose X d. R.! Weißte, ob x und y das ist ja schnuppe – die Hauptsach ist, daß die beiden Anhängsel (d. R.) auch ihrem tieferen Sinn Ehre machen!!!

Du!!! Du!!! Ich wüßt' ja vor Freude garnicht, was ich anfangen sollte!! Du willst Dich auch über das d. R. freuen, wenn es bedeutet, daß Du heim kannst. Du!! Und wohin Du dann überall willst!: Zu Deinem Herzlieb, Deinem Sonnenschein, zu Deinem Bub, zu Deinem Mädel!!! Mir wird ja ganz schwarz vor Augen!! Soviele sind vor mir dran? Oh —— dann schreib mir nur paar Zeilen, wann Du endlich zu mir kommen magst, damit ich auch daheim bin!

Ach — da! welche Freude!!! 'keine Bange, das ist alles dieselbe Person’ lese ich weiter!! Na, nun nehm' ich sofort alles zurück! Herzliebes Dickerle! Mein Bub! Mein süßer Lausbub.

Du!!? Du!!? Biste mir wieder gut? Lausbub??!!

Hast so finster mich angeschaut, wie Du mit dem Finger auf die Stelle in Deinem Briefe wiest, wo ich soll schön artig sein und immer genau sagen, wohin ich fahre mit den Bretteln. Du!! Du!! Ich vergeß' die finstern Augen gar nimmer — und ich bin von nun an sooo brav!

Herzlieb!! Du!! Ich denke an Dich! Ich betrübe Dich nicht! Du!! Ich will auch die Eltern gewiß nicht nochmal in Sorge versetzen, um meinetwillen. Es ist aber nun passiert, das eine Mal und es liegt auch mir daran: es war für diese Strecke zu spät mit dem Aufbruch.

Du! Ich will ganz nur Deine gute, liebe, brave [Hilde] sein! Heut' stellt sie sich Dir vor, als dickes Pumsel, in Hosen! Menschenskind!, was hab ich doch für Pausbacken und erst recht in dieser Zipfelmütze! Nun kannst Dein Gutachten abgeben über Deinen Bub!

Und unsern vielen Schnee kannst bewundern helfen! Wo die Häuser im Hintergrunde stehen, da bin ich im Stadtpark vor dem Rosenteil, wo wir einst im Sommer mit der Kant[or]ei filmten! Es sind nur die 3 einstweilen, Hilde hat vergessen doppelt zu bestellen und die, wo wir zusammen drauf sind, hat sie schon ihrem neuen Freund geschickt. Die beiden anderen zeigen mich im Walde nach Grüna zu.

Nun mein lieber, guter Hubo! Will ich den Boden fertigmachen zur Reise! Mutsch wird gleich heimkommen, sie wird zu Sch.'s einholen gehn und bei der Post vorbei laufen. Sollst doch einen recht frohen, lieben Sonntagsgruß haben von Deinem Frauchen. Du!! Du!!! Ich will am Sonntag ganz fein still sein und lieb und zärtlich an mein Herzlieb denken, ich bleib schön daheim, Du!!! Und wenn Wunschkonzert ist, da höre ich zu und denke: das alles hört nun mein Geliebter auch! Ich will Dir ganz folgsam sein, wenn ich krank bin. Du!! Du!! Ich hab dich ja so, soo, ganz sehr lieb! Mein liebstes Mannerli! Heut gegen Morgen hab ich so süß von Dir geträumt! Du!!! Soo süß! Und nun ist die Sehnsucht ganz schlimm geworden, nach meinem Herzlieb!! Du!!!!!

Bald, bald wird es kommen, mich erlösen! Wie ich so warte darauf – Du!!!!! Geliebter!! Gott behüte Dich mir! Er erhalte Dich gesund und froh. Möge er unsere Liebe segnen und uns[e]re heiße Hoffnung erfüllen, daß wir bald froh und glücklich beisammen sind. Du!!!! Du!!!!! Ich liebe Dich so sehr! Ich sehne mich nach Dir! Mein Glück! Mein Sonnenschein!

Ich bin in inniger Liebe u. Treue ganz Deine Holde.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946