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[OBF-410103-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 3. Januar 1941.

Mein liebes, teures Herz! Meine liebe, liebe Hilde, Du!!

Nun steigen wir hinein in den langen, kalten Januar, 31 lange, kalte Tage. Die Menschen sind so schnell überdrüssig und ungeduldig – und eine Reihe von guten Tagen wird ihnen ebenso unerträglich wie eine Reihe von schlechten. Januar und Juli, wenn sie normal verlaufen, tuen [sic] es darin einander gleich. Halt Dich nur schön warm, Herzlieb! Wenn Ihr auch [sp]aren müßt mit den Kohlen, so werdet Ihr doch nicht zu frieren brauchen. Schreib mir mal, wie groß Euer Vorrat ist! Du liebes, zartes, frostiges Herzel! Wir täten doch so gern ein bissel zusammenkriechen um einander zu wärmen – Dein Dickerle möcht sein Herzlieb so gern ganz warm und lieb an sich ziehen und einhüllen und überall wärmeln [sic], wo es eben friert. Herzlieb! Halt Dich besonders warm, wenn Du wieder krank wirst. Halt Dich auch schön ruhig, damit es Dich nicht so arg packt! Hörst mich? Dein [Roland] steckt schön warm, er wechselt oft die Strümpfe, badet die Füße, wenn sie kalt sind – und sonst sitzt er ja warm bei seiner Arbeit. Mein Alarmdienst jetzt im Bunker ist auch besser als Wachestehen. Also um mich sei ohne Sorge. Auch bei uns ist es wieder winterlich: etwa 7 cm Schnee und 4 – 5 Grad Kälte. Mit meiner Arbeit bin ich diese erste Woche ganz gut klar gekommen, es ist schon ein Packel mehr und heute habe ich gar nicht sehr aufsehen können dabei. Aber alles halb so wild. Und soviel Zeit nehme ich mir schon dazu, daß ich dazwischen immer noch mal an mein Herzlieb denken kann! Urlauber kommen und gehen. Sie müssen alle auch wieder zurückkehren – das ist nun so. Aber zwischen Wiedersehen und Abschied liegen doch Tage voll froher Gegenwart, und die Tage der Freude mögen uns aufrichten und neue Hoffnung anzünden. Ach Du! Die Tage fliehen – bald wird der Tag sein, daß wir (unser Kraftfahrer, ein Sachse aus Bautzen, wie ich am 26. Aug. eingezogen, will mit mir fahren) den Urlaub einreichen – dann ist auch unser Kapitänleutnant wieder da – und wenn sie sich wider Erwarten ganz hartleibig zeigen sollten – da werde ich sie auch an das Recht meiner lieben Frau erinnern, Du!! Darf ich das? Sag mir´s Liebes! Ach glaub, es wird nicht nötig sein. 3 Jahre leben wir beide nun schon so: warten und sehnen – wiedersehen – scheiden. Und das Sehnen wie das Scheiden, sie zehren an dem Stück Gegenwart dazwischen. Und, Geliebte, das war oft so klein! Leicht ist er nicht, der Weg uns[e]rer Liebe, Du!!

Aber wir wollen nicht undankbar klagen. Oh nein! Ist sie nicht eben darum umso schöner und heißer erblüht? Du, Herzlieb! Immer dran denken! Was geschah bisher, und was noch geschieht: Es ist kein Zufall. Es soll so sein – so sein, daß es zu unserem Besten diene.

Wir sollten uns finden – sollten uns lieben über alle Ferne – wir haben uns die Hände reichen dürfen, friedliches Glück mitten im Sturmgewitter des Krieges, – und sollen nun noch getrennt sein – – – Du! Ganz still möchte ich werden – hineinlauschen in den Sinn unsres Weges – wenn ich das so bedenke. Was mag Gott mit uns vorhaben? Mit uns beiden? Und ich kann gar nicht traurig sein bei dem Gedanken, Du! Er ist auch mit uns! Du!! Wenn wir uns nur von ihm führen lassen.

Hat er unsre Prüfungszeit verlängert? Damit unsre Liebe noch heißer entbrennen soll? Damit ihre Flamme sich reinigen soll? Du! Spürten wir das nicht schon?

Aber nicht grübeln, nicht rechnen! Vertrauend nur Dich führen lassen, nicht murren, nicht klagen, froh und geduldig folgen. Du! Du!! Herzlieb, wenn wir ihn nur recht lieben, hat er mit uns Gedanken des Friedens. Das ist nicht immer leicht, geduldig [zu] folgen. Es ist schwer und schmerzt wohl fürs erste – aber das dürfen nur die kleinen Wölkchen sein vor dem Himmel froher Zuversicht.

Du! Wir wollen uns führen lassen, ja? Geliebte! Und wollen einander helfend beispringen, wenn eines müde werden will. Ach Du! Mein lieber, lieber Weggesell, der mir an die Hand gegeben wurde! Soviel Liebe, Wärme, Sonnenschein, soviel frohe Gedanken und rechten Lebenssinn brachtest Du mir!!! Und Du sagst, daß Du mich brauchst, [i]ch darf Dich führen!!! Wir dürfen einander beschenken – dürfen Hand in Hand gehen – dürfen uns anlehnen und liebhaben – dürfen einander helfen auf dem harten Weg durch die Zeit – Herzliebes! Und ich kann doch nicht glauben – daß wir uns verlieren sollen.

Mein liebes, liebes Herz! Sei froh mit mir! Lehn Dich an mich! Dein [Roland] ist voll froher Zuversicht!

Gott behüte Dich! Er sei mit uns!

Du mein Lieb! Ich möchte so gern um Dich sein! Möchte schenken und mich beschenken lassen! Möchte um Dich sein, um mein liebes, junges, schönes Weib, um mein Herzlieb! Du!! Du!!! Wir wollen nicht ablassen, darum zu bitten! Dein [Roland] aber steuert festen Kurs – Herzlieb, Geliebte!! Du bist das Ziel meines Schiffleins; der winkende, schützende Hafen; Heimat, Geborgenheit – Du! Wir zwei! Du und Ich!! Meine liebe, liebe [Hilde], Du!! Ich bin immer bei Dir!!

Dein [Roland]! Dein mit seiner ganzen Liebe und Treue!

Ich liebe Dich! Du!! Ich küsse Dich. Mein Herzlieb!!

Dein [Roland] bin ich, ganz Dein!!! Und Du bist mein!!!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946