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[OBF-401221-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 21. Dezember 1940.

Herzallerliebster!! Du mein lieber [Roland]!! Mein lieber, lieber [Roland]!!

Sonnabend um 1720 [Uhr] ist es, nach moderner Zeit! Hurra — wir haben gesiegt! — fertig mit aller Arbeit, d.h. was die Scheuerei und Putzerei betrifft! Sonst gibts ja immer noch genug, als da ist: nachher Baden, morgen Kopfwaschen aller weiblichen Personen in der Familie! Adventskranz fertig binden u. aufhängen — meine Decke endgültig zum Geschenk bereit machen! Du! Sie ist schön geworden, die Eltern werden sich sicher ganz sehr freuen! Na, im Moment kann ich die vielen kleinen Dinge garnicht alle überblicken, um sie Dir aufzuzählen. Dickerle!! Du!! Heut war der Weihnachtsmann schon bei mir!! Biste neugierig?

Der K.er! Du!! Schön!!! Ich hab’s müssen auspacken, Du. [Siehe Ausschnitt aus dem Brief.]

Es lag auch kein Brief dabei, der mich gewarnt hätte es vor Heiligabend zu öffnen! Also: eine Stollenprobe, Pfefferkuchen, französische Artikel! Seife! Parfüm!! Pfeffer! Schnaps, Du! Vater hat ihn eigenhändig mit Etiketts versehen: „Hitzewasser" und „Ehetröster" — damit ich keine wehmütige Stimmung bekäme zum Fest, rät er mir, ich soll von letzterem fleißig nehmen! Du!! Wenn der gute Vater wüßte, wie froh und wie glücklich wir trotzdem sind, ja, mein [Roland]? Wie fröhlich wir trotzdem Weihnachten feiern werden, mit ganz großer, heimlicher Freude im Herzen und die ist so tief, daß wir sie über alle Ferne hinweg doch voneinander spüren können! Du! Mein Lieb!! Nun weiter: eine Flasche Birkenwasser, eine schöne Bonboniere und für mich noch ein wunderbares Chiffontuch! Das ist wirklich ganz wunderbar Du! Bedruckt mit bunten Blumen, auf schwarzem Grunde und wie ein Hauch so zart und dünn. Und — Du!! In Kamenz steht noch für uns beide eine Treppenleiter!! Ach! So reich haben uns die lieben Eltern beschenkt! Ich habe mich so gefreut mit meinen Eltern. Ich hebe alles uneßbare!, auf bis Du kommst und es mit bewundern kannst! Die beiden „anderen [Nordhoffs']" bekommen eine Ofenbank! Woran die Eltern alles denken! Das sind lauter nützliche und brauchbare Geschenke, die einen immer wieder gerne an den Schenkenden erinnern. Wir hätten aber unsre Leiter nicht etwa zum Runterstürzen gekriegt!! Ach Du! Wenn wir uns nur zusammen, richtig zusammen freuen könnten!, nun bin ich doch noch voll heimlicher Erwartung, wie früher immer, und dabei wollten wir uns doch dies Jahr garnichts schenken! Ich freu mich so sehr auf unsre Waage, Du! Glaubst es vielleicht garnicht! Und heute abend Du! Da will der Radiomann uns noch einen Apparat herbringen!! Ob wir einen kaufen ist noch ungewiß, mal sehen was er taugt. Aber wir werden die Feiertage Musik haben — Musik!!! Herzlieb! Du!! Ach — kannst Du meine große [Fre]ude darüber verstehen? Du!! Was Du hören magst, was Du hören wirst, das soll ich auch hören?!

Mein Geliebter!! Heute kam auch Dein lieber Brief vom Mittwoch, Du!! Was Du mir sagst, Herzlieb, so viel Liebes, was Du mir sagst!! Mein geliebtes Herz, ich danke Dir so sehr!!! Du bist ganz mein!! Ich dank’ Dir mein Lieb — ich bin ganz Dein!!!

Daß auch Dich ein seliger Schimmer der Weihnacht trifft, mein Herz! Es freut mich so von Herzen, Du! Halt ihn fest den Schimmer! Er möge sich wandeln in ein wärmendes, leuchtendes Licht! Du!!! Ich denke ganz, o ganz, ganz fest, voll inniger Liebe Dein!!! Gott behüte Dich mir, mein Leben, mein Herzlieb, Du!!

Morgen hörst wieder von mir! Auf Wiederseh[e]n! Ich bin in unerschütterlicher Treue, in großer Liebe ganz Deine Holde, Du!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946