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[OBF-401119-002-01]
Briefkorpus

Dienstag am 19. November 1940.

Herzallerliebster!! Geliebter mein!!

Du bist so lieb, Du schreibst mir so fleißig! Du!! Wie ich Dir danke, mein [Roland]!!

Und ich kann Dir nicht täglich mehr antworten, aber ich vergesse Dich nicht Du!!! [Ne]in mein Lieb!! Nie!!

Es ist nun die Arbeit für die Mutsch getan. Eben kam ich von der Mangel. Papa hat eine Angst um mich ausgestanden, weil ich ein Wildfang wär! Beleidigung!!!

Doch ich bin wohlbehalten zurück, s [sic] erste Mal ganz allein, sonst war Mutsch immer dabei.

2 Stunden ununterbrochen gerollt, so viel Wäsche wars. Weil die Mutsch heute kocht, so will ich Dir gleich paar Worte schreiben. Hernach will i[ch] zum Bäcker, "putzige Dinger" backen gehn, den Teig muß ich auch noch machen.

Dann will ich Kopf waschen, baden, zur Schneiderin. Nochmal in die Stadt[,] verschiedenes besorgen, will sehen ob ich auch einen Film bekomme für den Photo. Hab auch noch allerhand zu nähen für mich. Und morgen früh gehe ich zum Verschönerungsrat. All meine Sachen die ich mitnehme, baue ich morgen bei Tage auf dem großen Tisch drüben auf, dann gehts' packen los!!! Daß ich auch nichts vergesse. Morgen möcht ich auch nochmal zeitig [sch]lafen gehen, am Donnerstag früh [u]m 4 heißts' rraus [sic] aus den Federn!!! Ach Du so soo bald gehts' nun fort!!! Wie ich mich freu, das glaubst garnicht!!! Ach, morgen muß ich ja auch noch die Fahrkarte lösen, die Lebensmittelmarken eintauschen! Ach woran man nur alles denken soll!!! Und dabei hab ich doch so viel Mühe, die Gedanken noch in Oberfrohna zu behalten, Du!! Du!!

[Die] Hallensener schrieben heut auch schon wieder, wie ich am schnellsten vom Bahnhof ab heraus zu ihnen käm. Die sind nun auch schon aufgeregt!

Ich warte jeden Tag noch auf Deine Wäsche, sie scheint nicht zu kommen. Muß sie Mutsch dann besorgen. Ach Liebster! gestern hat mir die Frau S., weißt unsre Krämersfrau 2 Schachteln Lichter gegeben!! Eigentlich sind die bis zum 15. Dezember beschlagnahmt. Ich war allein drin u. da erzählte ich ihr, daß ich Dich besuchen will u. eben warum die Lichter. ,,[N]a freilich [Hilde]! Ihr müßt Euch ja doch auch mal abends' sehn!", meinte sie! Die Kamenzer Eltern wollten auch welche abschicken, auch Taschentücher u. mein Seidentuch, das ich vergaß. Vielleicht haben sie es an Dich geschickt, weil bis heut noch nichts da ist. Was ich gestern gemacht hab? Erst die ganze Wäsche gelegt, manches ausgebessert. Die Mutsch war erst Dampfbad nehmen u. die hab ich dann aufs' S[ofa] verbuddelt! Nachher hab ich meinen Postausweis ausstellen lassen, war ich eben beim Postmeister. Und wie ich ihn, heimgekommen noch mal genau durchlese, da sehe ich daß er verkehrt den [sic] Datum eingetragen hat. Gültig bis: 19. Nov. 1940! Muß heißen 1943!! Da würde er ja eben 1 Tag gelten.

Mußt ich nochmal hin. Da hat er sich so lang noch mit mir unterhalten, ich mußt mich erst mit neben ihn setzen.

Erzähl ich Dir mal.

Beim Schuster, auf der Gairokasse, in Mittelfrohna beim Schneider war ich. Also, abends taten mir die Beine so weh! Es fahren seit 2 Tagen die Busse anders, der Arbeiter wegen u. da mußt ich runter u. rauf laufen.

Na u. dann hatte ich immer noch etwas pst [sic]! Und es war ½ 11, wie ich endlich in mein Bettlein kroch. Um 6 früh heißts' aufstehn, sonst werde ich nicht mit allem fertig. [N]a, sonst ist nun alles klar mit der Fahrerei!! Wo ich umsteigen muß, werd ich schon weise kriegen.

Ob ich morgen nochmal zum Schreiben komme? Mein Dickerle? Du!!

Das kann ich Dir heut noch nicht sagen. Bist mir doch nicht bös darum, ja? Ich will alles, alles, alles nachholen wenn ich bei Dir bin!! Du!! Du!! Wenn ich bei Dir bin!!!

Mein geliebter, guter [Roland]!!! Nun behüt' Dich Gott!

Bei uns ist alles ruhig blieben [sic] [j]etzt — kein Alarm.

Gebe Gott, daß wir uns in 3 Tagen froh und gesund in die Augen sehen können.

Du!! Du!!

Ich hab Dich ja soo lieb!!!

Ich bin ganz, ganz, ganz brav auf der Fahrt. [siehe Abbildung]

Und dann? Das sag ich Dir noch lange nicht!

[S]o jetzt ists' Schluß! Mittag!

Auf frohes Wiedersehn!!!!!!

Bleib' schön brav!

In inniger Liebe, in unverbrüchlicher

Treue immerdar

Dein Holde.

Recht herzliche Grüße von der Mutsch, es geht ihr besser!!!! Papa schläft.

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Ausschnitt aus dem Brief.

Ba-OBF K02.Pf1.401119-002-01a.jpg. Ausschnitt aus dem Brief.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946