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[OBF-401108-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 8. November 1940.

Geliebter!! Herzallerliebster!! Du!! Mein [Roland]!!

Ich darf kommen!!! Du!!! Weißt Du denn was das mir bedeutet??

Ach, Du weiß es ja ganz gewiß!! Herzlieb!! Ich habe so sehr gewartet und gebangt um Deinen Brief! Ich ahnte schon, daß er diesmal die Entscheidung bringt nach einer Seite hin! Du!!! Und er hat die Entscheidung gebracht, Herzlieb! Nach der rechten, guten Seite hin!! Weißt in welcher Stellung er mich heute früh überraschte, Dein so lieber Bote? Vorm Ofenloch kauernd, wollte den [sic] Feuer machen. Und nun zog ich mir das Fußbänkel ran und öffnete den ,Verheißungsvollen' Du!!

Wie meine Hände gezittert haben dabei!

Ach Du!! Du!! Schon nach der ersten Zeile war ich voll froher, jubelnder Gewißheit!! Herzallerliebster!! Zur Frau Holle soll ich kommen!! Wie mich das freut!! Ich möchte nun so sein wie die Goldmarie! Gut, brav[,] folgsam! Ei das will ich wohl, solang mein Hubo fern ist!! Aber dann — o dann kann ich für nichts mehr garrantieren [sic]!! Vielleicht — sogar nicht mal für meine gute Kinderstube!!! O Du!! Jetzt darf ich neben Dir auf dem Sofa sitzen!! Für den Wechselbalg kann ich Dir im Moment nicht gleich etwas Ähnliches, Gleichwertiges an den Kopf werfen — keine Angst!! Ich werd' Dich mal kräftig verhauen dafür!

Du ich hab gelesen, gelesen in Deinen lieben Brief und ich hatte alles um mich her vergessen!!

Und als ich wieder zu mir kam und ins Ofenloch guckte, da gähnte mir ein schwarzes tiefes Loch entgegen. Mein Feuer war wieder aus!! Ja, nun war ich platt! Mein dürres Holz war alle. Das andre war ganz feucht. 2 mal hab['] ich Späne gemacht, es wollt' nichts werden. Aber zum dritten Mal hab' ich's ganz mit Liebe angefangen! Siehe da — es fing Feuer und nun brannte es schön. Mittlerweile war es schon 9 durch und ich bin nun tüchtig ins Hintertreffen gekommen. Hätte ich nur nicht erst unten Schuhe geputzt und die Wäsche versorgt, sondern lieber gleich erst angefeuert. Aber Frau Bretschneider will waschen und unsere ist noch immer nicht trocken. Eine Wanne voll hab ich gestern Mittag bis gegen 5 [Uhr] getrocknet, aber dann fing's an zu regnen.

Ich habe doch heut und morgen Putztag! Du weißt! Und ganz allein bin ich dazu! Mutsch fährt heut nach Chemnitz. Ich danke es ihr ja so!

Du! Du! Nun bin ich nur noch einen Freitag daheim! Deine liebe Mutter schrieb heute wieder, sie hat Porzellan bekommen für unser 'Weinlaub'. Eine Rechnung von 50 M. Die Tortenplatte bezahlt ja Tante Gretel, 15 M — Sie müßten es derweile verlegen, ja? Wir haben doch unser Geld, was wir dazu bestimmten, mit vertan, und vor der Reise mag ich doch nicht alles abheben drüben! Du! Wieviel möchte ich denn Geld haben? Ach, das schön[e] Geld! Deins! Wie mir's doch Leid tut, Du! Aber ich will doch auch unbedingt kommen und ich bin ja soo arm. Ich will heute oder morgen nach Haus (Kamenz) schreiben. Und auch Vater bitten um Lichter, Du!! Hier sind sie schon längst beschlagnahmt. Unsern Geselle bring ich mit, fein! Auch Deinen Apparat! Herzlieb!? Ist's denn wirklich wahr?

Du!! Du!! Wie ich mich so sehr freue!! Gebe Gott, daß alles zum Guten ausgeht. Herzallerliebster!! Mein Dickerle! Einen frohen, gesegneten Sonntag! Den vorletzten allein!! Denk an mich bei Deiner Inspektionsfahrt, ach Du kannst ja hinlaufen!! Mein [Roland]!! Für heut soll's genügen. Behüte Dich mir Gott! Bleibe froh u. gesund! Ich denke Dein in großer Sehnsucht, in inniger Liebe! Ich bin Dein! In Treue immerdar, nur Deine Holde. Und Du bist mein!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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