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[OBF-401101-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 1. November 1940

Herzallerliebste! Meine liebe, liebe [Hilde], Du! Holde mein!

Wo ich jetzt stecke, abends um 9 Uhr, suchst Du mich gewiß nicht, suchst Du mich sowohl der nächsten Umgebung, als auch der Kameradschaft nicht, unter der ich jetzt stecke. Du, ich mag nicht klagen, ich kam zunächst auch noch gar nichts sagen. Heut morgen um 9 Uhr standen wir marschbereit. Die Lastwagen der einzelnen Abteilungen fuhren vor. Unsrer blieb am längsten aus. Erst gegen 12 Uhr kamen wir weg. Gegen 1 Uhr langten wir auf der Abteilung an, sie liegt dicht bei Eckernförde in einem Altersheim, dort bekamen wir 15 Mann erst mal was zu essen und harrten dann weiter mit Spannung unseres Schicksals. Etliche Mann waren für die Abteilung bestimmt, das wußten wir und schauten uns daraufhin die neue Umgebung an. Wir wurden nun vorgenommen und gefragt, ob wir firm seien in Stenographie oder Schreibmaschine. Dann wurden wir darin einer kurzen Prüfung unterzogen. Stenographie kann ich ja ganz gut, an unsrer Familienschreibmaschine habe ich ja schon jahrelang nicht mehr gesessen. Na, es ging denn auch langsam genug. Jedenfalls liefen mir darin einige kaufmännische Fachleute den Rang ab, und die blieben, 5 Mann hoch, bei der Abteilung. Wir übrigen wurden den Batterien zugeteilt, und darunter also auch ich. Dieses Urteil erfuhren wir erst gegen 6 Uhr abends. Um 7 Uhr, also in der Dunkelheit, wurden wir nun breitgefahren. Dunkel ist alles umher, und alles liegt noch im Dunkel, was meiner hier harrt. Und mit dieser Dunkelheit bin ich vorerst ganz allein, ganz allein mit Dir, Herzlieb; denn ich weiß, daß Du sorgend um mich bist! Und ich bin deshalb auch gar nicht bange, bin auch nicht bange, weil ich glaube, daß Gott mit uns ist. Von meiner neuen Umgebung will ich Dir morgen mehr berichten. Es ist ein Feldlager, ein Barackenlager, eine Batterie, also eine Flakgestellung. Die Stube in die ich eingezogen bin ist nicht unfreundlicher als die in Bülk, sie ist geräumig und sauber. Von den Kameraden kann ich nicht mehr sagen, als daß es meist Rekruten aus der Ostmark sind, dazu etliche ältere Leute, Gefreite, als Stammmannschaft.

Herzliebes! Ich bin müde heut abend, von der Wache und von dem, was ich heute erlebte. Du enthebst mich für heute meiner Schreibarbeit, bitte!

Das wichtigste: Die neue Nummer:
Matr. [Rol. Nordhoff] [*]
Feldpostnummer 08383
Postleitstelle Eckernförde.

Geliebte! Sei gewiß, daß ich Dich ganz sehr lieb habe, daß ich Deiner heut abend inniger und herzlicher denke als sonst, Du! Deiner denke als meinem Glück und Sonnenschein! Behüt Dich Gott! Es grüßt Dich in unverbrüchlicher Treue

Dein, Dein [Roland]! Geliebte!!

 

[* = der Adressentext ist umrandet, zu einen Kästchen]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946