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[OBF-401011-001-01]
Briefkorpus

Freitag am 11. Oktober 1940

Mein liebes, teures Herz, meine liebe, liebe [Hilde], Du!

Die Post stellt sich langsam ein auf den neuen Kurs. Dein lieber Bote vom Mittwoch kam schon heute Freitag an, 2 Tage also hat er gebraucht. Sei, herzlich bedankt für alles Liebe, das Du mir damit schenkst, für das unermeßliche und unersetzliche Glück, das Du mir damit bereitest, Herzliebes Du! Holde! Siehst, jetzt habe ichs doch geschrieben, dieses Wort, das ich Dir eigentlich zuerst sagen wollte. Aber da ich doch nun schon eine Andeutung gemacht habe, mag ich Dich auch nicht länger auf die Folter spannen. Holde, Du! Nicht [Heidi], das wäre ja ein gebräuchlicher Name. Was ich nun zu diesem Namen sage, das ist mir erst alles nachher eingefallen, ich schrieb Dir ja schon, daß mir dieser Name einkam. Er sollte mir ein Klang angenehm sein: Holde! Das klingt so tief und voll und auch ein wenig dunkel. Das scheinen mir drei Inhalte, die auf Dein und auch auf mein Wesen passen. [Roland]. Dieser Name ist ganz ähnlich in seinem Klanggehalt. Holde! Das ist aber auch in seinem Wortinhalt ein passender Name. Holle (Frau Holle), Hulda (Frau Hulda, tritt im Tannhäuser als Sagengestalt auf) sind Namen desselben Bedeutung. Frau Holle, das ist die Frau, von der alle Güte ausgeht. Huld, das ist Güte und Gnade („erhalt uns nur in Deiner Huld"). Im Weihnachtslied heißt es: „holder Knabe im lockigen Haar", soll wohl heißen, liebreicher Knabe. Holde! Herzliebes, dieses Wort umschließt das Geheimnis aller echten Liebe, und unsrer Liebe insbesondere. Hold bist Du mir! Herzliebes! Du gabst Dich mir! Schenktest mir als einzigem die höchste Gunst und brachtest mir damit das größte Geschenk, das ein Menschenkind bringen kann. Daß Du mich mit Deiner Huld aus zeichnest vor allen anderen, das ist mein Glück.

Hulde, das scheint mir die weibliche Art der Güte, das Darbringen, die Hingabe. So, länger mag ich aber nicht an diesem Namen herumpflücken. Nur eines noch: so könnte ich Dich auch rufen vor anderen, vor unseren Kindern, Du!, ohne daß wir bangen müssen, daß wir uns damit verraten, vor anderen zärtlich zeigen. Sie merken alle nicht so leicht, daß dieser Name uns etwas bedeutet. Holde! Nun möchte ich Dein Gesicht sehen, wenn Du diesen Namen zuerst liest. — Ich will ein wenig daran denken, am Montag oder Dienstag wirst Du diesen Brief erhalten. Wirst dann schon wieder zurück, sein, Du? Ach Liebste, ein wenig schweres [sic] ist es doch, Dich jetzt zu finden. Schreib mir nur bitte, wann Du zurückreist, schreib mir bitte etwas von Deiner Reise, ich bin Dir dankbar für jede Einzelheit.

Du sprichst von der Krankenkasse. Die Sache ist geregelt, „die Sache geht klar!" sagen die Matrosen. Neues von mir? Seit heute haben wir einen neuen Korporal. Es wird gehen die 14 Tage bis zur Besichtigung. Vergangene Nacht hat es mächtig geballert. Es war ein richtiges Schauspiel. Die Abwehr ist mächtig stark. Was so nach einem einzelnen Flieger verballert wird! Heute gab es viel Geld! 32 RM, 17 RM und eine Nachzahlung von 15 RM. Morgen will ich also mal nach Kiel. Ich werde immer an Dich denken, auch an einen Gruß für Dich.

Herzallerliebste, Du! Der Mond zieht wieder auf am Himmel. Wann wird er uns wieder einmal beisammen sehen? Psst! Vielleicht einmal schon recht bald am Meere? Psst! Psst! Du!

Herzliebes! Behüte Dich Gott auf allen Wegen! Hüte gut Deine Gesundheit! Nun ist es wieder so, daß ich meinen Boten beneiden möchte. O Liebste! Holde! Wie ich ihn beneide! An Deinem Herzen ruhen! Wie sehne ich mich danach, Du! Ich darf gar nicht daran denken. Fein still muß ich mich halten, daß nichts verloren geht, damit ich alles aufhebe für Dich, Du! Geliebte! Ich liebe Dich aus tiefstem Herzen! Ich küsse Dich herzinnig. Dein bin ich! Nur Dein! Und Du bist mein!! Ganz mein!! Herzliebes! Holde!


Ich liebe Dich, Du, in unerschütterlicher Treue!

Dein [Roland].

 

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946