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[OBF-400919-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 19. September 1940.

Herzallerliebster! Du mein lieber, lieber [Roland]!

Heute ist heller Sonnenschein draußen und ich bin ganz wohl und munter. Mutter ließ mich heute früh schlafen, und ich bin erst um 8 [Uhr] aufgeweckt. War ich erschrocken.

Du kannst schon immer Dir ausmalen, was bloß los wäre, wenn ich Dich, meinen Wecker[,] nicht hätte in Zukunft! Heute früh habe ich eine liebe Überraschung erlebt.

Elfriede schickte ein Päckchen; so ungefähr, daß ich vermuten konnte, sie schickt in einem Karton die Hochzeitsbilder zurück. (Die ich nebenbei bemerkt noch nicht wieder habe, möchte wissen, wer die hat!) Und ich öffne und sehe zu meiner größten Überraschung und Freude ein herrliches Kissen! Unser Verlobungsgeschenk. Wunderschön, sag ich Dir.

Wehe, wenn Du Dich da mit Deinem dicken '....' draufsetzt!! Sie schreibt einen lieben Brief dazu und ich habe ihr eben wieder geantwortet, mich bedankt, 3 Seiten.

Ihrer armen Mutter gehts immer noch nicht besser. Es ist schon wieder eine Eiterung im Gange. Wenn das nur nicht ihr Ende wird. Ach glaubst Du, es wäre vielleicht am besten so für sie und auch für ihre Pflegerin, wie aufreibend für die arme Elfriede. Sie tut mir ja so leid.

Denke nur, Hellmuth ist jetzt bei in Oberschlesien, bei Oppeln. Elfriede will ihn gern da besuchen, weiß nur nicht, ob sie weg kann. Am Donnerstag hat sie mit ihm telephonisch gesprochen! Er wäre durch halb Europa gereist und hat auch Schibock berührt. Wie es so zugeht. Was er dort soll, weiß ich nicht.

Es geht die Rede, daß viele Soldaten vom Westen nach Osten kommen, es würde dort wieder eine Kerntruppe zusammengestellt. Es scheint überhaupt so, als sei wieder etwas im Gange, weil so viele Verhandlungen gehen. Mit dem Spanier, der hier war, Ribbentrop weilt in Rom. Wir werden sehen.

Gestern las ich von der Verwüstung des Friedhofes in Rendsburg. Das ist auf der Karte nicht weit von Euch, am Kaiser-Wilhelm[-]Kanal. Hörtest Du davon? Mein Gott, war es bei Euch wieder schlimm dieser Tage? Ich bekam so Angst, wie ich das las. Bei uns blieb alles ruhig. Gottlob.

Sei nur recht vorsichtig, Liebster! Nicht leichtsinnig sein, wenn es die ander[e]n sind, versprich mir das!

Vom Siegfried weiß ich garnichts, ich komme auch nicht dazu, ihm zu schreiben, ob er böse ist auf mich deshalb? Wenn Du ihm schreibst, bitte grüße ihn nur herzlich von mir u. sage ihm, ich schrieb Dir jeden Tag u. ich, na ja, wenn ich eben ganz ehrlich sein soll: ich hätte niemanden anders im Sinn als Dich. Das ist es, und ich muß mich richtig überwinden, wenn ich außer Dir noch jemandem schreiben soll. Du wirst ihm etwas zu sagen wissen, Liebster, ja bitte? Herzallerliebster! Du, Bester! Jetzt kommt Dein Bote! Und heute früh ging er vorbei. O, wie ich mich freue! Solch lieber Bote! Küssen möchte ich Dich und ganz lieb haben dafür, Du! Hab Dank, Du! Verweht ist nun meine Angst u. Sorge! Ach, Du! Wie lieb weißt Du mir zu berichten. Weil Du nur alles erhalten hast; schön, wie schnell die Post geht. Himmel, der Vater steht auf, ich hab heute noch garnicht viel gearbeitet! Erst verschlafen, Essen gekocht (Nudeln u. dürren Hahn!) u. nachmittags geschrieben. Auf! An die Arbeit - Marsch, marsch!! Herzallerliebster! Behüte Dich Gott! Bleibe froh und gesund!

In inniger Liebe, in steter Treue

Deine [Hilde].

Viele Grüße vom Papa. Mutsch ist noch nicht da. Gottseidank [sic].  !!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946