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[OBF-400625-001-01]
Briefkorpus

Schmilka am 25. Juni 1940

Herzallerliebste, meine liebe, liebe [Hilde] Du!

Dienstag morgen 9 Uhr. Schulfrei ist heute Du sollst die erste sein, mit der ich diese Freude teile. Dann ist der Anfang zu meinem Mittwochbrief schon gemacht. Hat es doch noch 8 Tage gedauert, bis die Freude vom Montag unsres Abschiedes ihre Krönung erfuhr. Ganz besonders freut mich, daß der Führer in seiner Botschaft von Demut und Dank gegen Gott spricht. Wo mögen unsre Soldaten [d]iese Freude erleben? Ob nun die Aussicht auf den Urlaub besser ist? Den heutigen Tag will ich benutzen, um alle Einladungen fertig zu schreiben.  Da fällt mir eben noch ein: die Einladung an Elfriede, ich würde sie ohne weiteres besorgen, nur der Gedanke läßt mich zögern, daß es vielleicht doch recht hübsch und sinnig ist, wenn Du Deine künftige Schwägerin, die Dir den Schrift in den Ehestand zuvorgetan hat, selbst einlädst. Ob wir Elfriede schon zum Polterabend zu uns bitten?  Vielleicht, daß ihr Soldat da ist, sie muß sonst auch so sehr zeitig zu Hause weg, und es wäre doch auch recht hübsch.  Überlegt es Euch!  Entscheidet Ihr Euch in meinem Sinne, dann schlage ihr diese Bahnverbindung vor:

Löbau ab D1138 [Uhr], sitzen bleiben bis Chemnitz

Chemnitz an D1452 [Uhr] von da Autobus bis Oberfrohna

Chemnitz ab 1500 [Uhr] Abfahrt das Autobus in unmittelbares Nähe des Hbf.

Mittwoch ist wieder.  Eigentlich erwartete ich heute einen Gruß von Dir. Er kann ja heute nachmittag noch eintreffen. Und sacht will ich denken, daß Du ja jetzt viel Arbeit, und gerade auch viel Schreibarbeit hast.  Und immer neue lade ich auf Deinen breiten Rücken.  Aber sie macht doch auch viel Freude, weil sie sich um unser Fest dreht.  Herzliebes, wenn alles nach Wunsch geht, darf ich in 14 Tagen schon ans Reiten denken.  Aber die Tage, die dann noch bleiben bis zum Fest müssen wir ganz brav bleiben.  Am besten, wir verkleiden uns und sagen Sie zueinander!

Heute erhielt ich von Hause mancherlei Nachrichten.  Ich schicke sie mit, hebe sie bitte gut auf!  Hermann, das ist Onkel Erichs Ältester, welches harte Geschick! Ein klein wenig besser mag man nach dem Gelesenen ermessen, mit welch tiefem Aufatmen die Botschaft von der Waffenruhe von den unmittelbar Betroffenen aufgenommen worden sein mag. Gebe Gott, daß die Brüder heil aus dieser Hölle wiederkommen! Vor diesem Hintergrunde bekommt auf unser Festtag eine gedämpfte Farbe. Herzliebes, es schmerzt mich nicht. Lauter Freude war ich nie ein Freund, und meine Freude auf unseren Tag, die ist ebenso bei dem Feierlich-Ernsten wie bei dem Festlich-Frohen. Es wird nun ein rechter Familientag, an dem uns gemeinsame Sorge und gemeinsames Leid und selbstredend gemeinsame Freude eng verbinden werden. Mutter schrieb mit, daß Elfriedes Mutter wieder zu Bett liegt. Sie fiebert und Elfriede ist in großer Sorge. Das sind Neuigkeiten genug. Wir leben hier im tiefsten Frieden. Die Schiffe sind dicht besetzt. Der Ort hat viel Fremde. Frau Sch. hat drei Gäste. Einen Stammgast aus Berlin, Schneiderin, geborene Westpreußin, und zwei Chemnitzer, Mutter und Tochter, Apothekersleute. Die Fremden bringen ein wenig frische Luft ins Haus, man denkt in die Weite, es ist mir lieb, zumal, wenn es so angenehme Gäste sind wie die jetzigen. Die Wochen bis zu unserem Tag werden verfliegen. Werden wir die langen Ferien miteinander verleben können, Herzliebes Du?

Bitte, grüße die lieben Eltern.

Behüt Dich Gott! Laß uns immer dankbar bedenken, wieviel Gnade wir erfuhren und wieviel hartes Geschick uns erspart blieb! Weiter hoffen wir unserem Tag entgegen. Ganz fest wollen wir uns halten in diesen schweren Tagen. Ich bin glücklich, mich Dein Eigen zu wissen, und einem Menschen meine ganze Treue und Liebe erzeigen zu dürfen, Du mein Schatz! Herzallerliebste Du!

Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946