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[OBF-400425-001-01]
Briefkorpus

Schmilka am 23. April 1940

Herzallerliebste, meine liebe, liebe [Hilde]!

Das ist jetzt ein Wettlaufen des Frühlings!  Nun hat der Schmilkaer Frühling den Oberfrohnaer bestimmt überholt, er hat es ja auch leichter in dieser Lage.  Die Weiden sind schon richtig grün, und aus den Wäldern wollt es gelbgrün von zarten Schleier der Birken.  Du!  Solche Tage, solches Wetter magst Dir für Deine Ferien bestellen!

Und solche Abende, an der Elbe entlangzuschlendern oder vom Balkon oder von der Gartenbank mit Dir zu lauschen und zu plaudern, Liebste Du!  Soviel Süßigkeit ist (unsrer) [^]uns jetzt zugedacht, Du!  Soviel sorglose, unbeschwerte Heiterkeit!  Liebste, Du!  Keine Stunde mag ich davon verschenken, keinen Tag möchte ich mir entgehen lassen, der mich mit Dir zusammenführt!Vom Schimmer einer leisen Wehmut verklärt [e]mpfand ich gestern noch einmal die ganze Süße unseres Tages.  Ein Tag ist so wenig.  Frau U. steht hinter allem und nötigt zur Eile, der Abschied wird mit jeder Stunde aufdringlicher.  Ich sehne mich so, wieder einmal mehrere Tage mit Dir zu sein!  Du!  Wenigstens einen Tag ohne den Gedanken an den Abschied!  Herzallerliebste, Du!  Will's Gott, bin ich in 8 Tagen um diese Zeit bei Dir, und wir haben einen ganzen freien Tag vor uns!  Was könnte ich sehnlicher herbeiwünschen?  Wonach könnte ich lieber ausschauen?  Herzliebes Du!  Süße, Feine!  Ich liebe Dich so sehr!

Ich küsse Dich!  Gut Nacht, Du! Träum' süß

von Deinem [Roland].

Herzallerliebste Du!  Kannst Du mich sehen?  Vom Mittagsschläfchen bin ich eben aufgestanden.  Ich hätt es gern mit Dir gehalten.  Und Du mußt sitzen und nähen bei der Hitze!  Nicht lange mehr, Liebste!  Wenn Du nur erst bei mir bist!

Eben hat Frau Sch. von Dir gesprochen, hat gefragt, [^]wann wie [sic] Du kommen willst und geredet, wie wir Dich unterbringen, ganz im Guten.  Wir bringen Dich schon unter in unserem Elbschlößchen!  Ach Du, wir brauchen gar nicht viel Platz, um glücklich zu sein, und je enger und trauter und stiller es ist wie Dein Kämmerlein, das Dornröschenschloß, desto lieber ist es uns.  Du bist mein liebes Dornröschen, hörst Du?  Ganz hoch oben im Ecktürmschen, 18II.  Und dornbewehrt ist Dein Schloß.  Aber wenn ich komme, dann tun sie sich auseinander, dann verwandeln sie sich in Sonnenblumen mit großen leuchtenden Blüten und einem dichten Blätterschirm.  Du, darauf bin ich so stolz, und daß ich der einzige bin, das ist mir Glück und Heimat und Zuflucht, Herzallerliebste!  Und ich mag ja nur noch nach ihn hinsehen, nur nach ihn noch verlangen, meinem lieben Dornröschen, und wie es nur mir blüht, so schenke ich ihm allein meine ganze Liebe, meine ganze Treue und mag nur ihm dienen.  Wenn es nicht so wäre, hätten wir uns nicht lieb. Daß wir einander ganz allein gehören, so ausschließlich, das ist unser Kämmerlein, unser Nest, der Schrein uns[e]rer Liebe, unser Heim, unser Glück.  Und es verlangt uns nun beide, dieses Heim sichtbar zu gestalten. Ich komme mir vor wie verborgt, wie ein Strohwitwer, wie auf Reiten; denn ich gehöre doch zu Dir! Gefangen bin ich nun von Dir, und würde doch die Freiheit nicht erbitten, selbst wenn ich könnte.  Denn eine neue Freiheit wurde mir geschenkt:  die Bande um mein Herz wurden gelöst, ich darf vertrauen, ich darf lieben!

Gott behüte Dich mir!  Bleibe froh und gesund.

Du mein Ein und Alles, Herzallerliebste Du!  Meine liebe [Hilde]!

Ich bin so glücklich und liebe Dich so sehr!

Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946